Körper sind lauter als Worte
Anfang Juni präsentierte die EVOLve Theatre Comapany ihr neues Stück „Where to be born“ im Schauspielhaus. Die Idee des Theaterkollektivs ist es, junge Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenzubringen und ihnen in der Arbeit an einem Theaterstück eine gemeinsame Plattform zu bieten.
Gemeinsam ist den Produktionen der Gruppe, dass der Begriff Sprache weit über den reinen Umgang mit Worten hinausgeht. Dies wird einem auch ganz am Anfang ihres neuen Stückes schnell bewusst, wenn die Schauspielerin Negin Rezaie alleine in der Mitte der Bühne steht und über die vielfältigen Ausdrucksweisen unseres Körpers spricht. „Bodies are louder than words“, lautet einer der kraftvollen Sätze, den sie in das gespannte Publikum ruft.
Im Mittelpunkt steht hierbei der Körper, der im Laufe des Stücks vielfältige Formen anzunehmen scheint. Kurz nach Beginn beispielsweise wird ein Bild geschaffen, in dem die Körper der SchauspielerInnen wie leblos teilweise übereinander liegen. Langsam geraten sie schließlich in Bewegung. Zuerst nur durch intensives Ein- und Ausatmen. Noch sind sie wie eine selbstverständliche Einheit, bis die DarstellerInnen sich voneinander lösen und ihr eigener Körper plötzlich jeweils zu einem Gefängnis zu werden scheint, das sie voneinander trennt.
Eigene Grenzen überschreiten
Ihre Beklemmung scheint in diesen Momenten für das ganze Publikum spürbar und es ist als würde ein erleichtertes Aufatmen den Saal durchdringen, wenn sie plötzlich durch Momente der Befreiung gebrochen wird. So beispielsweise wenn zwei Personen zueinanderfinden und sich innig umarmen. Doch nie ist Verlass auf eine Stimmung, immer wechseln sie einander ab und selbst in scheinbar glücklichen Momenten, scheint eine Unruhe im Hintergrund zu liegen, da man weiß, dass sie vergehen. Unmerklich und unerwartet. Es ist als würden die unterschiedlichen Gefühle selbst die SchauspielerInnen immer wieder aufs Neue überraschen und als hätten sie über sie keine Macht.
Licht-Stimmungen
Für eine Ahnung von Beständigkeit sorgen auch wenige Gegenstände, die plötzlich in den Raum hinabfallen und die zuvor zerstreute Aufmerksamkeit der DarstellerInnen in sich vereinen. Wie die weißen Tücher, die plötzlich von der Decke hängen, mit denen SchauspielerInnen beginnen auf vielfältige Weise zu interagieren. Oder der Silberregen, der auf sie hinunterrieselt.
Das Stück endet, wie das erste Bild, in einer scheinbaren Leblosigkeit. Zugedeckt von einem der weißen Tücher liegen die Körper der ProtagonistInnen bewegungslos nebeneinander. Soviel hat sich in der Zwischenzeit ereignet, so viele Gefühle und Fragen nimmt man mit, und doch, wie zu Beginn, bleibt man staunend wortlos.
Rosanna Wegenstein, 18
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