Leben/Gesellschaft

Hunde warnen, bevor sie zuschnappen

"Mein Hund hat noch nie gebissen." Häufig sind Hundehalter überrascht, wenn ihr geliebtes Haustier das erste Mal zuschnappt. Auch Benimm-Lehrer Thomas Schäfer-Elmayer ist verwundert, dass sich sein Rex plötzlich nicht mehr anständig zu benehmen weiß (siehe Chronik-Teil).

Dabei wissen Hundetrainer wie Brigid Weinzinger, dass fast kein Tier unvermittelt andere Hunde oder Menschen attackiert: "Wer die Körpersprache eines Hundes lesen kann, erkennt die Warnsignale, die das Tier vorher aussendet." Aggressiv wird ein bisher friedlicher Hund laut Weinzinger erst dann, wenn er Angst hat und sich verteidigen will. Oft hat er schlechte Erfahrungen gemacht, zum Beispiel mit anderen Rüden, und reagiert auf alle Rüden angriffig: "Manchmal verstärkt der Besitzer die Reaktion des Tieres, weil er es in seiner Panik allein lässt", sagt die Verhaltensberaterin. "Der Hund lernt Folgendes: Ich muss diese Gefahrensituation selbst meistern."

Hundepsychologin Kathrin Schar weiß, worauf Hundehalter achten müssen: "In der Regel knurren Hunde, weil sie etwas mitteilen wollen. Es ist auch möglich, dass sie sich groß machen oder ausweichen. Ich muss mich damit auseinandersetzen und hinterfragen, warum er das tut." Aber auch banale Beschwichtigungssignale wie Schütteln, Gähnen oder den Kopf wenden können bedeuten, dass sich der Hund gestört fühlt. Schar empfiehlt, von Anfang an mit Erziehung vorzusorgen: "Vom Welpenalter an sollte ich dem Hund Impulskontrolle beibringen. Er lernt, gelassen zu bleiben, sich zurückzunehmen, auch wenn er aufgeregt ist. Ich muss dem Hund souverän vorleben, was in welcher Situation zu tun ist, das gibt ihm Sicherheit."

Belohnung

Erzogen wird ein Hund am besten durch Belohnung. Weinzinger bevorzugt Leckerli: "Der Vorteil: Das Kauen und Essen beruhigen den Hund." Auch andere Belohnungen wirken: "Trainiere ich mit dem Hund, dass er nicht aggressiv auf Rüden reagiert, so kann es als Anerkennung für sein ruhiges Verhalten genügen, den "feindlichen" Rüden aus der Reichweite des Hundes zu bringen." Die Methode, dem Hund zu zeigen, dass der Mensch das Alphatier ist, lehnt Weinzinger ab.

Jeder Hundebesitzer solle sich bewusst sein, dass er für sein Tier verantwortlich ist: "Er hat etwa darauf zu achten, dass kein Kleinkind allein mit einem Hund ist. Denn Kinder interpretieren Mimik und Körpersprache des Hundes falsch. Sie wissen nicht, was der Hund mag und was nicht. Sie finden ihn süß und tapsen ihm ins Gesicht oder ziehen ihn am Schwanz. Das Kind findet das lustig, der Hund zeigt durch seine Haltung , dass er das nicht will ", sagt Weinzinger. "Viele Vorfälle passieren, weil sich der Hund bedrängt fühlt und wehrt."

Kommen Erwachsene und – ganz besonders – Kinder in Kontakt mit dem Hund, sollten die Hundehalter auf jeden Fall erklären, wie man sich richtig verhält. Die meisten Bissattacken passieren bei Hunden von Freunden oder Verwandten. Aber auch in der Familie kommt es immer wieder zu Attacken. "Da müssen von klein auf Regeln aufgestellt werden, die alle befolgen", rät Hundepsychologin Schar.

Keine Bälle

Weiterer Tipp: "Hunde lieber nicht mit Ballspielen bespaßen, denn das fördert das Beutefangverhalten. Der Hund reagiert auf schnelle Bewegungen, es gehört im Prinzip zum Jagdverhalten. Das ist nicht zielführend", sagt Schar. Wichtiger sei Kopf- und Nasenarbeit, zum Beispiel, indem er versteckte Futterdummies apportiert.

Dass bestimmte Rassen wie Pittbull oder Schäferhund gefährlich oder "bissig" sind, bezeichnet die Hundepsychologin als Vorurteil. "Es gibt keine aggressiven Rassen. In den falschen Händen kann jeder Hund mit Aggression reagieren. Zum Beispiel Schäferhunde sind sehr sensibel und werden von Privatpersonen oft für Schutzarbeit trainiert. Ihnen wird gezielt beigebracht, aggressiv auf Schlüsselreize zu reagieren", analysiert Schar.