Leben/Gesellschaft

Fünf Buchstaben, sechs Versuche: Warum Wordle die Welt begeistert

Ein Liebesbrief verschwindet in der Schublade, Blumensträuße verwelken, eine Schachtel Pralinen ist schnell verdrückt. Als der Brite Josh Wardle seiner Ratespiel-verrückten Partnerin ein besonderes Geschenk machen wollte, entschied er sich für ein ganz spezielles Geschenk. Der in New York lebende Programmierer versteckte auf der Firmenwebsite jeden Tag ein neues Online-Rätsel. Anfangs bestand die Fangemeinde nur aus der Familie, mittlerweile spielen Millionen gegen sich selbst.

Wie am Dienstag bekannt wurde, kaufte die US-Zeitung New York Times dem Spieleentwickler das populäre Spiel um einen siebenstelligen Millionen-Betrag ab. Das Spiel erinnert an Scrabble oder aufgrund der Farben an das beliebte Steckspiel Mastermind aus den Achtzigern – nur eben mit Buchstaben. Die Spielregeln sind denkbar einfach und darin dürfte auch die Faszination liegen: Jeden Tag wird ein englisches Wort gesucht, das aus fünf Buchstaben besteht. Dafür haben die Spieler und Spielerinnen sechs Versuche.

"Das Spiel hat geschafft, was nur wenige Spiele geschafft haben – es hat unsere kollektive Vorstellungskraft beflügelt und uns alle ein wenig näher zusammengebracht", erklärte Jonathan Knight, Geschäftsführer der Spiele-Tochterfirma des Medien-Konzerns. Wardle erklärte wiederum, dass die Werte des Medienkonzerns mit seinen "übereinstimmen".

Nicht nur, dass er sich vom beliebten Kreuzworträtsel in der New York Times inspirieren hat lassen. Er hat nie versucht, das Spiel durch Werbung oder durch ein Abonnement zu finanzieren. Das soll auch in naher Zukunft so bleiben, denn die Zeitung teilte mit, dass das Spiel weiterhin kostenlos sein wird.

Denkaufgabe

Die Liste der möglichen Wordle-Wörter wurde vom Entwickler und seiner Partnerin auf 2.500 Wörter eingeschränkt. Manche erraten das Wort beim ersten Versuch, andere scheitern. Verständlich, wenn selten Begriffe wie Tapir – ja, das südamerikanische Tier – nicht erraten werden und dann für böse Kommentare in sozialen Medien sorgen.

Denn das ist ein weiterer Grund für den weltweiten Erfolg: Dank Visualisierung mit bunter Kasterln können die Spielerinnen und Spieler ihr Ergebnis in sozialen Netzwerken wie Twitter teilen – und damit angeben.

Erst unlängst erklärte Psychologin Penny Pexman von der University of Calgary: "Wordle macht einen höchstwahrscheinlich nicht klüger oder kann die Alterung des Gehirns verlangsamen." Aber durch die tägliche Denkaufgabe würden viele Leute, die sich durch die Pandemie abgekapselt fühlen, eine Gelegenheit für soziale Interaktion erhalten.