Wenn der schöne Schein auch seine Schattenseiten hat
Von Peter Jarolin
In Frankreich ist das Werk durchaus populär; in Österreich dürften nur die wenigsten Musikfreunde mit Jean-Philippe Rameaus 1745 uraufgeführter Oper "Platée" vertraut sein. Das könnte sich ab Montag ändern. Dann nämlich erhebt sich im Theater an der Wien der Vorhang zur Premiere dieses "Ballet-bouffon in einem Prolog und drei Akten". Und – das lässt sich schon jetzt mit ziemlicher Sicherheit sagen – die szenische Umsetzung von Regisseur Robert Carsen wird spektakulär.
Worum geht es? Juno ist wieder einmal eifersüchtig, vermutet sie doch, dass Göttervater Jupiter abermals auf amourösen Abwegen wandelt. Doch diesmal ist der umtriebige Gottvater ausnahmsweise brav. Um Juno eine Lektion zu erteilen, wird das Gerücht lanciert, Jupiter sei in die hässliche und unfassbar eitle Nymphe Platée verliebt. Diese wird damit zum unfreiwilligen Spielball der Götter.
Laufsteg der Eitelkeiten
Ja, man darf mit der letztlich düpierten Platée Mitleid haben, meint Carsen. Denn: "Jeder will doch geliebt werden. So auch Platée, die sich natürlich sehr geschmeichelt fühlt, dass ihr der Oberboss vermeintlich nachsteigt", so der kanadische Regisseur.
Wie aber löst Carsen das Problem mit allegorischen Figuren wie der Muse Thalia oder der personifizierten Folie (dem Wahnsinn)? "La Folie steht nicht für den geistigen Wahnsinn, sondern das menschliche Übermaß, die Exaltiertheit. Auch für Thalia haben wir eine – wie ich hoffe – plausible Erklärung gefunden. Letztlich verspottet Rameau in diesem Stück jedes menschliche Laster. Alle Todsünden kommen irgendwie vor."
Tanz als Befreiung
Und was macht der Regisseur mit den zahlreichen Ballett-Einlagen? "Ich habe sie in die Handlung eingebaut, damit sie nicht wie zu Rameaus Zeit üblich, einfach so für sich dastehen. Tanz kann ja auch die Handlung vorantreiben, kann befreiend wirken. Ich hoffe jedenfalls, dass die Zuschauer ihren Spaß haben, aber auch zum Nachdenken angeregt werden." Denn, so Carsen, der als nächstes Projekt in Zürich Tschaikowskys Oper "Pique Dame" inszenieren wird: "Gerade bei Rameau kann einem das Lachen im Hals stecken bleiben."