ORF-Chef Weißmann geht Personal-Rochaden an
Mit der Einführung des ORF-Beitrags (voraussichtlich) ab Jänner muss der Öffentlich-Rechtliche zu einem „ORF für alle“ werden. Das hat ORF-Generaldirektor Roland Weißmann als Devise ausgegeben. Vor allem jüngere Streaming-Haushalte kommen bei der neugefassten Abgabe zum Handkuss. Sie werden aber bislang noch wenig vom ORF bedient.
Hier kommt der ORF-Unterhaltung, auch digital, eine Schlüsselrolle zu. KURIER-Informationen zufolge hat Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz dem Generaldirektor Martin Gastinger als neuen Unterhaltungschef vorgeschlagen. Er sei beim offiziellen Hearing „sehr überzeugend“ gewesen, heißt’s. Es gilt als fix, dass Weißmann dem folgen wird. Der langjährige ATV-Geschäftsführer und Erfinder auch international vermarkteter Formate kommt von ServusTV. Dort machte er in den letzten Jahren dem ORF u. a. mit Quizsendungen im Vorabend das Leben schwer. Das soll sich nun umkehren. Gastinger muss aber noch Mitarbeiter der Hauptabteilung überzeugen. Die stimmten nach ihrem Hearing mit großer Mehrheit für Interimschef Florian Illich.
Interimschef oder Interimschefin, das ist derzeit ein häufiges Stichwort im ORF, einem Konzern im Umbaumodus. Weißmann steht vor wichtigen Personalrochaden.
Das betrifft auch das Radio-Flaggschiff Ö3, das viele Werbemillionen bringt: Der langjährige Chef Georg Spatt hatte im Mai überraschend seinen Abschied bekannt gegeben. Interimistisch leitete Stellvertreter Albert Mali den Sender. Bei der definitiven Nachfolgeregelung deuten alle Zeichen auf Michael Pauser. Er war viele Jahre Leiter der Ö3-Programmgestaltung und zuletzt in der ORF-Technikdirektion. In der Folge sollen die Ö3-Nachrichten eine definitive Chefin bekommen, nachdem Sebastian Prokop von dort weg zum Newsdesk-Chef im multimedialen Newsroom befördert wurde.
Weichenstellungen
Eine Weichenstellung steht auch bei Ö1 an, das nach einem Krankheitsfall, ebenfalls interimistisch, von Silvia Lahner geführt wird. Sie wird wohl fix betraut. Die ORF-Radioflotte braucht im Wettbewerb mit Privaten und Streamern dringend ein schlüssiges Konzept – darauf drängt auch vehement der ORF-Stiftungsrat. Hier ist Radio-Direktorin Ingrid Thurnher mehr als gefordert. Bei Ö1 spielt zudem hinein, dass auch die Kultur – wie derzeit Bildung/Wissenschaft – multimedial aufgestellt wird.
Ungewöhnlich ruhig verläuft die Entwicklung bei der ORF-Information, die sonst übliche parteipolitische Aufgeregtheit fehlt völlig. Und das, obwohl ORF-Chef Weißmann eben den Entwurf für die Organisation des neuen multimedialen Newsrooms veröffentlicht hat. Er soll das Nebeneinander zum Miteinander entwickeln helfen. Nun folgen Gespräche mit Betriebs- und Redaktionsrat.
Herzstück
Aktuell werden die TV-Information (durch Eva Karabeg) und jene des Radios (durch Gabi Waldner-Pammesberger) interimistisch geleitet. Christian Braun-Staudinger ist zuständig für Online. Das neue Herzstück der ORF-Information wird künftig von drei Chefredakteuren bzw. Chefredakteurinnen geleitet, deren Aufgabengebiete aber über Mediengattungen hinweg definiert sind. Neben den oben Genannten gilt APA-Chefredakteur Johannes Bruckenberger als aussichtsreicher Kandidat.
Diesem Prinzip folgend werden die bisher in TV und Radio unterteilten Ressorts auch unter eine Führung zusammengelegt. Dieser Prozess dürfte wohl bei Schlüsselressorts wie Innenpolitik oder auch Wirtschaft noch einigen Staub aufwirbeln.