Kultur/Medien

„... sonst wären wir alle hin"

Da heißt es für die Produzenten einmal tief Durchatmen unter dem Mundschutz: Eben hat die epo-film die ORF-Stadtkomödie „Die Freundin meines Vaters“ mit Fritz Karl und Aglaia Szyszkowitz in Graz abgeschlossen. „Das war unsere erste volle Produktion, die nach der Corona-Pause gestartet wurde und nun fertiggedreht ist. Das unter all den Vorgaben so durchzuziehen, dazu gehört schon sehr viel Disziplin im Team“, betont Senior-Chef Dieter Pochlatko. „Alles gut gegangen, Gott sei dank.“

Vor allem die TV-Produktionen laufen in Österreich wieder auf vollen Touren. Es muss aufgeholt werden, was durch die plötzliche dreimonatige Pandemie-Pause an Zeit verloren ging - der Dreh für die Stadtkomödie hätte schon am 20. April starten sollen. Denn die Sender brauchen frische Ware, die nicht nach Corona aussieht. „Es ist derzeit wirklich schwierig, die Wunsch-Teams zusammen zu bekommen, weil so viel gleichzeitig passiert“, erzählt Geschäftsführer Jakob Pochlatko.

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Dramatischer Schritt

Ganz anders sah es am 13. März aus. Aufgrund der Pandemie-Beschränkungen mussten zwei Drehs, an denen die epo-film beteiligt war, abgebrochen werden: „Der Pass 2“ mit Nicholas Ofczarek, eine Co-Produktion mit Wiedemann & Berg für Sky, nach 40 Dreh-Tagen und ein mit Constantin Television produzierter Film der Andreas-Gruber-Krimi-Reihe, ,Das Todesurteil“, mit Josefine Preuß („Das Sacher“) für Sat.1 nach nur einer Woche.

„Dieser Schritt war dramatisch“, erinnert sich der 35-Jährige. Einerseits musste man diese Produktionen gemeinsam mit den deutschen Partnern mit allem Drum und Dran einfrieren. „Und man hätte die Leute von heute auf morgen auf die Straße setzen müssen, weil es ja keine positiven Aussichten gab.“ Dennoch versuchte die epo-film etwas, das wegen der speziellen Vertragsverhältnisse im Film-Bereich unmöglich schien: „Wir haben Kurzarbeit beantragt und sie wurde schließlich genehmigt. Ich habe stundenlang mit Co-Partnern, Kammern, Gewerkschaft und nicht zuletzt dem AMS telefoniert. Überall war der gute Wille zu spüren, das zu schaffen und es ist gelungen.“

Während der Dreh für „Der Pass 2“ - „das wird ein wilder Ritt“ – voraussichtlich im Herbst in Deutschland weiterlaufen wird, wurde jener für „Das Todesurteil“ in Wien bereits abgeschlossen. Dafür hat man mit der Stadtkomödie zuvor fast einen Frühstart hingelegt. „Wir haben mit Vorbereitungen Mitte Mai begonnen, als sich angedeutet hat, dass die große Hürde, der Ausfallsfonds des Bundes, genommen wird. Ein großes finanzielles Risiko für uns, es hat sich aber ausgezahlt“, so Dieter Pochlatko.

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Comback mit Comeback-Fonds

Beiden Produzenten ist klar: Der „Comeback“-Fonds, der die Kosten von Produktionspause oder -ende im Fall des (Corona-)Falles übernimmt, ist „für unsere Branche ein Rettungsschirm, um den uns viele in Europa beneiden. Auch wenn davor die Emotionen hoch gingen, man muss den Verhandlern, von der Wirtschaftskammer bis hin zu den involvierten Ministerien und den BranchenvertreterInnen, großes Lob aussprechen. Und es ging schnell - denn sonst wären wir schon alle hin.“ Unterstützend wirke, dass auch der ORF seine Zusage, sich dann den Corona-Mehrkosten bei seinen (Co-)Produktionen, zu beteiligen, einhält. „Er ist und bleibt ein wichtiger Partner.“ Auch wenn man nun seine Einsparungspläne fürchtet.

Von der Politik erhofft man sich „jetzt, wo die Komplexität der Branche verstanden wurde, weitere notwendige Impulse.“ Etwa eine Aufstockung der Fördertöpfe oder ein Steuer-Anreiz-System bei Film-Investitionen im Land - darüber wurde schon unter Türkis-Blau intensiv verhandelt. „Ausländische Produktionen planen knallhart mit dem Rechenstift“, weiß Jakob Pochlatko. So ging der epo-film deshalb der „Beethoven“-Film mit Tobias Moretti verloren - er wurde in Tschechien gedreht. Skeptisch sieht er hingegen Überlegungen, Fördertöpfe auch für Streaming zu öffnen - „nicht bei den aktuellen Förderbudgets, schon jetzt herrscht ein enormer Andrang. Wir verlieren sonst jegliche Planbarkeit.“

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Denn es gibt viele Projekte - auch bei der epo-film: Ein nächster Salzburger Landkrimi für ORF und ZDF wird im Februar 2021 entstehen - noch mit Manuel Rubey und Stefanie Reinsperger. „Das ist vertraglich fixiert“, betont Dieter Pochlatko. Dass Reinsperger „Tatort“-Kommissarin wird, „ist nicht optimal. Auch nicht, dass ihre Agentur uns nicht vorab informiert hat. Vielleicht darf sie ja künftig zwei Ermittler spielen.“ Ebenfalls fix ist ein TV-Film für die ARD, der im Kunsthändlermilieu spielt: „Farben von Liebe und Tod“ mit prominenter Österreichischer Besetzung.

Nach dem Einstieg von Heinrich Mayer-Moroni im Vorjahr ist man im TV-Doku-Bereich verstärkt präsent. „Wir produzieren einiges für ,Universum history“ sowie auch ORFIII“, betont Jakob Pochlatko. Vom neuen „Universum“-Chef Gernot Lercher, mit dem man als Doku-Regisseur gearbeitet hat, erhofft man sich eine Wiederbelebung des Wildlife-Genres. Dieter Pochlatko will weiter auch unbedingt die Kultur-Dokus am Leben erhalten - dank seiner „fast schon Liebhaberei“ wird es eine zum 100. Geburtstags des Lyrikers Erich Fried 2021 geben.

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Um einiges komplexer ist die Lage im Kino-Bereich, wo die epo-film traditionell mit anspruchsvollen Produktionen engagiert ist. „Einen Film nach Corona ins Kino zu bringen, kommt einer Lotterie gleich“, sagt Jakob Pochlatko. Niemand weiß, wann die potenziellen Besucher wieder dafür bereit sind. Das gilt aktuell auch für Michael Kreihsls Komödie „Die Niere“ mit Samuel Finzi, Inka Friedrich sowie Pia Hierzegger und Thomas Mraz. „Wir diskutieren den idealen Starttermin - es gibt ihn nicht.“

Kino-Lotterie

Das führt zu einem zweiten Aspekt: Der prognostizierbare Stau an Kinofilmen und der verstärkte Druck auf die Zahlen des ersten Wochenendes. Jakob Pochlatko: „Man wird sich fragen müssen, was ist wirklich so groß und zugkräftig, dass die Leute kommen und auch, ob jeder produzierte Film ins Kino muss. Da tut sich ja mit Plattformen eine mittlerweile sehr interessante Spielwiese auch für nischige Produktionen auf.“ Dieter Pochlatko, seines Zeichens auch Arthouse-Kino-Betreiber in Graz, sieht „eine spannende Entwicklung, denn die Grenzen zwischen Kino, Streaming, Fernsehen verwischen sich. Da eröffnet sich etwas Neues. Dem muss man sich stellen.“

Das tut die epo-film mit höchst unterschiedlichen Kino-Produktionen: Mit Ruth Mader setzt man 2021 das Drama „SERVIAM - Ich will dienen“ um, in dem es um ein Mädchen, eine Nonne und den wahren Glauben geht.

Im Jänner und Februar soll ein Film entstehen, der absolut massentauglich scheint: Die Geschichte von Skistar Franz Klammer zur Zeit der Olympischen Spielen in Innsbruck. Schon mehrfach wurde es versucht. “Franz und Eva Klammer sind eingebunden und schauen sich das kritisch an, denn es muss authentisch bleiben. Es wird eine Geschichte, die anders ist. Es geht um einen jungen Menschen, von dem alle etwas wollen und der sich fragt, wo er dabei bleibt“, erklärt Jakob Pochlatko.

Regie führt Andreas Schmied („Love Machine“), der mit seiner Frau Elisabeth das Drehbuch schrieb und gemeinsam mit Loredana Rehekampff Co-Produzent ist. In einer idealen Welt solle der Film vor Weihnachten 2021 und damit vor den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking in die Kinos kommen. „Noch ist die Finanzierung nicht geschlossen, aber sie ist schon weit gediehen. Obwohl es eine ausschließlich österreichische Produktion wird, muss das Budget hoch dotiert sein.“

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Mit hohem Anspruch auch in Bezug auf Publikumszahlen bedacht ist die Umsetzung von Robert Seethalers gefeierten Roman „Ein ganzes Leben“. „Das ist für uns ein ganz wichtiges Projekt, das alles hat, ein Publikum zu fesseln“, erläutert Dieter Pochlatko. Man habe den Roman schon 2014 für eine Film-Umsetzung optioniert, bei der die Bavaria als ein weiterer großer Partner der epo-film dabei sein wird.

Mit „Der Trafikant“ gab es bereits eine Seethaler-Roman-Verfilmung, die bei der Kritik aber nicht nur auf Zustimmung stieß. „Das soll auch durchaus so sein. Aber ich liebe diesen Film und ich freue mich deshalb, dass er in Asien und in den USA sehr gut funktioniert – auch bei der Kritik“, sagt Dieter Pochlatko. „Der Trafikant“ ist auch der letzte Film von Bruno Ganz, der den Sigmund Freud gibt. „Sein Spiel bleibt ewig in Erinnerung.“ Am 11. August ist „Der Trafikant“ im ARD-Sommerkino (22.45 Uhr) und im Herbst im ORF zu sehen.