ORF-Stiftungsrat wärmt für die Wahl-Schlacht auf
Von Christoph Silber
Der ORF-Stiftungsrat ist endgültig im Wahlkampf angekommen. Nicht nur, weil die Ausschreibung für die Kür des neuen ORF-Generaldirektors am 10. August am Donnerstag auf den Weg gebracht wurde. Diese erfolgt am 30. Juni, die Bewerbungsfrist endet am 28. Juli. Die Frist für Nachbewerbung geht am 3. August zu Ende. Der Text der Ausschreibung entspricht dem Grunde nach dem von vor fünf Jahren. Gefordert werden demnach eine entsprechende Vorbildung bzw. mehrjährige einschlägige Berufserfahrung sowie umfassende Kenntnisse über den ORF, über den Bereich elektronische Medien insgesamt sowie der Unternehmensführung. Auslandserfahrung ist beispielsweise nicht notwendig.
Für lange, intensive Diskussionen in der Plenarsitzung gesorgt hat in dem Zusammenhang ein Antrag der der SPÖ zurechenbaren Stiftungsräte Heinz Lederer, Werner Dax und Norbert Kettner. „Unsere Forderung, für einen Öffentlich-Rechtlichen durchaus vertretbar, war, dass ein öffentliches Hearing zur Wahl des ORF Generaldirektors auf ORF III und in geeigneten Social-Media-Kanälen stattfinden soll. Und zwar nicht, wie zuletzt, am Tag vor der Wahl, wo im Grunde die Meinungsbildung abgeschlossen ist, sondern am besten deutlich davor“, erklärt Lederer dem KURIER. Das solle unter Berücksichtigung aller den ORF betreffenden rechtlichen Parameter stattfinden oder auch nicht. „Die Wertung, ob eine solche Übertragung zielführend wäre oder nicht, liegt natürlich bei der Redaktion.“
Rechtliche Hürden
Seitens mehrerer, vor allem bürgerlicher Stiftungsräte wurde eingewandt, dass weder der Generaldirektor noch ein Gremium sich einfach etwas von einem ORF-Sender wünschen könne. Steger ließ den Antrag auch deshalb nicht zu, weil zuvor eine rechtliche Prüfung stattzufinden habe.
Nach einer einstündigen Debatte wurde der Antrag zurückgezogen. Nun soll Stiftungsratsvorsitzender Norbert Steger (FPÖ) einen, wie es heißt, einen „gangbaren Weg“ finden. „Sonst beantragen wir eine Sondersitzung. Die Gebührenzahler wie auch die Belegschaft haben ein Recht, über die Pläne der Bewerberinnen und Bewerber authentisch informiert zu werden“, so Lederer, der eine breite Unterstützung – von Grün über FPÖ bis Neos - für seinen Vorschlag ortet.
Schon davor hat ORF-Chef Alexander Wrabetz, nach Jahrzehnten im Amt mit entsprechender TV-Erfahrung gesegnet, dem Vernehmen nach angekündigt, eine Kandidaten-Präsentation auf ORFIII machen zu wollen. „Ich habe ergänzend darüber informiert, dass ORFIII Interesse daran hat, auch diesmal eine Kandidaten-Präsentation durchzuführen und das auch gemacht wird. Auch der Betriebsrat wünscht sich ein Hearing. Ich finde das im Sinne der Transparenz gut und stehe dafür auch zur Verfügung", sagte Wrabetz dem KURIER. Ein möglicher Sendungsslot wäre am 3. August im zweiten Hauptabend von ORFIII. „Es braucht sich ja auch niemand davor fürchten, im Fernsehen aufzutreten; eine gewisse Befähigung im Umgang mit dem Medium kann man von einem potenziellen ORF-Generaldirektor oder einer ORF-Generaldirektorin erwarten. Am Ende entscheidet ohnehin der Stiftungsrat."
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Trotz der 40 Seiten umfassenden Antworten von ORF-Chef Wrabetz zum Projekt multimedialer Newsroom, zu dem türkise Stiftungsräte einen Fragenkatalog eingebracht hatten, war man seitens mehrerer Räte noch nicht zufrieden. Das „Bild der künftigen Zusammenarbeit" in diesem Zentrum der dann gemeinsamen ORF-Information aus TV, Radio, Online und Social Media sei noch nachzuschärfen. Eine „Ehrenrunde" muss Wrabetz auch noch bei anderen Punkten des vor der Fertigstellung stehenden Zukunftsprojekts drehen. „Das Projekt ist in der Zeitleiste einfach nicht dort, wo es sein sollte. Sieben Jahre nach dem Beschluss fehlen noch wesentliche Vorbereitungsarbeiten, um die künftige Zusammenarbeit von mehr als 300 Mitarbeitern der Information bestmöglich sicherzustellen", erklärt ÖVP-Stiftungsrat Thomas Zach. Einige hätten heute vor allem den Wahlkampf im Fokus gehabt, beim Stiftungsrat sei es hingegen die Sorgen um den Stand der Umsetzung des neuen Newsrooms gewesen. „Auch daher wird das Thema auch im September erneut auf der Tagesordnung stehen."
Als „Nachsitzen" will Wrabetz das aber nicht werten. Die Stiftungsratsdiskussion über den Newsroom habe „die Bewegung in der Sache sichtbar gemacht und mir die Gelegenheit gegeben, das im Detail darzustellen. Es gibt einen klaren Plan und der wird umgesetzt.“ Es gibt auch eine andere Sichtweise dazu? „Das war eine Einzelmeinung.“
Der Terminplan, den Wrabetz im Antwortschreiben den Stiftungsräten übermittelte, hat jedenfalls Originelles zu bieten: Die künftige Struktur des multimedialen Newsrooms soll der Stiftungsrat just in der Wahl-Sitzung am 10. August beschließen. Die Ausschreibung der Spitzenjobs dort wird dann nach der Wahl im September folgen.
Keinen Druck aufbauen
Wrabetz wird sein Bewerbungsschreiben nicht sofort nach Start der Ausschreibung an den Vorsitzenden des Stiftungsrates Steger übermitteln. „Ich möchte nicht, wie mir wegen der Ankündigung der Kandidatur vorgeworfen wurde, auf mögliche andere Bewerber Druck aufbauen." Die Eckpunkte seien ohnehin bekannt, die Langfassung erarbeite er im Juli. „Es hat sich überdies die spätere Übermittlung bewährt, um zu verhindern, dass aus dem Bewerbungspapier heraus gleich wieder eine Wahlkampfdiskussion entsteht."
Etwas mit Sorge blickt Lothar Lockl, der den Grünen zuzurechnen ist, auf die Diskussionen rund um die Wahl. „Es wäre gut, wenn wir uns nicht nur mit uns selbst beschäftigen - auch als Medienstandort -, sondern über den Tellerrand blicken und uns die internationalen Entwicklungen, die uns ins Haus stehen, vor Augen führen." Dazu zählten etwa die Milliarden an Werbegelder, die auch aus Österreich in den USA und China abfließen. „Wer auch immer künftig den ORF leitet, es braucht eine entschlossene Führung." Es brauche Beständigkeit, auch auch Tempo und Ambition. Und eine diversere Aufstellung in der Struktur-Aufstellung von der Geschäftsführung, über die Landesstudios bis hinein in den Newsroom. „Das Ziel der Geschlechterparität in Führungsfunktionen ist heute jedenfalls angekommen."