ORF-Beitrag: Neue Klagen beim Verfassungsgerichtshof
Von Christoph Silber
Der Prozessfinanzierer LVA24 geht erneut beim Verfassungsgerichtshof gegen den ORF-Beitrag vor. Nach Prüfung der Sachlage wurde in weiteren 50 Fällen ein Individualantrag auf Gesetzesprüfung beim Höchstgereicht gestellt, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Bereits im Februar waren die Anwälte für 331 Antragsteller, für die man das juristische Vorgehen finanziert, aktiv.
Damals hatte der VfGH schon kurz darauf die Bundesregierung zur Stellungnahme aufgefordert. Diese habe, so LVA24, die Haushaltsabgabe pauschal mit der Möglichkeit gerechtfertigt, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu nutzen. Die Fortschreibung eines gerätebezogenen Finanzierungsmodells wäre aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit nicht mehr zeitgemäß und die Umsetzung einer Bezahlschranke mit dem Status als öffentlich-rechtlicher Rundfunk nicht vereinbar, da man dann mit privaten Medien gleichgestellt wäre, erklärt LVA24, wo man den Sachverhalt naturgemäß anders sieht.
ORF als Dauerthema beim Höchstgericht
Der ORF-Beitrag hat mit Jahresbeginn die frühere GIS-Gebühr abgelöst. Notwendig wurde die Neuregelung der ORF-Finanzierung durch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs. Er sah eine Ungleichbehandlung darin, dass die Online-Nutzung von ORF-Angeboten nicht unter die (frühere) GIS-Pflicht fiel.
Die Höhe des neu eingeführten ORF-Beitrages wurde für die Jahre 2024 bis 2026 gesetzlich mit monatlich 15,30 Euro (zuvor 18,59 Euro) festgelegt. Das sollte für gut drei Millionen Haushalte eine Verbilligung gegenüber früher bringen – durch den Wegfall weiterer Abgaben eine bis zu minus 47 Prozent wie in Wien. Etwa 400.000 Haushalte sind weiterhin vom Beitrag aus sozialen Gründen befreit, was dem ORF nicht ersetzt wird. Bei einer Budgetfinanzierung, wie von der FPÖ forciert, würden auch diese indirekt zur Kasse gebeten werden. Zudem wurde mit 700.000 Neu-Zahlern gerechnet.
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann bekräftigte am Donnerstag im Publikumsrat erneut, dass aus seiner Sicht der ORF-Beitrag gesetzeskonform sei. Anderes behauptet FPÖ-Stiftungsrat Peter Westenthaler, der einen Beschluss des obersten Aufsichtsgremiums über die Höhe urgiert. Weißmann verwies in diesem Zusammenhang auf entsprechende Äußerungen der Unabhängigen Medienbehörde KommAustria.
Soko sucht Beitragshaushalte
Derzeit kämpft der ORF aber vor allem mit der Qualität der Meldedaten. So sucht man mit einer Art „Soko“ quasi händisch nach 180.000 Haushalte, die gegenüber der Prognose des Finanzministeriums als Beitragszahler fehlen. Das würde wiederum ein Budgetloch von etwa 30 Millionen aufreißen. „Dafür hat man ein Management, dass es Probleme löst“, sagte dazu Weißmann soeben bei einer Veranstaltung des Presseclubs Concordia. Er will dafür u. a. Rücklagen auflösen.
Apropos Concordia. Vom Presseclub läuft ebenfalls noch ein Verfahren beim Verfassungsgerichtshof. In ihrer Popularbeschwerde geht es um die Besetzung der ORF-Gremien und den politischen Einfluss dabei. Hier hat der Gesetzgeber nach einem früheren Erkenntnis des VfGH bereits Druck. Eine neue Regierung muss bis März 2025 mit einer weiteren ORF-Novelle eine Reform der ORF-Gremien durchführen.
In einem davon, dem ORF-Publikumsrat, waren am Donnerstag erneut die Verbal-Attacken des blauen Stiftungsrates Westenthaler gegen den ORF und dessen Mitarbeiter Thema. Zum Teil gab es Kritik daran, dass der ORF nicht stärker dagegen vorgeht.
"Homöopatische" Kritik
„Wir müssen versuchen, gegenzusteuern“, meinte Publikumsrat Michael Meyer, der auch als ORF-Stiftungsrat tätig ist. Im obersten ORF-Gremium haben vor wenigen Wochen 30 von 35 Räte einen Brief mit Kritik in „homöopathischem Ausmaß“ an Westenthaler verfasst. „Möglicherweise braucht es schärfere Waffen.“
Meyer argwöhnte aber auch, dass ORF-Journalisten etwa in Diskussionssendungen mittlerweile „schaumgebremst“ an die FPÖ herantreten würden. Dabei gäbe es genug zu thematisieren - etwa das Abstimmungsverhalten des FPÖ-Spitzenkandidaten Harald Vilimsky im EU-Parlament. Dieses würde zeigen, dass Vilimsky möglicherweise „ein Abgeordneter Russlands“ sei, so Meyer.
Weißmann wollte das so nicht stehen lassen. ORF-Journalisten würden nicht „schaumgebremst“ agieren: „Sie lassen sich auch nicht einschüchtern.“ Es brauche sich auch keiner von ihnen zu fürchten. Er stehe vor und hinter ihnen. Darüber hinaus blieb Weißmann seiner Linie treu, seinen Aufsichtsrat – dem entspricht der Stiftungsrat - nicht zu kommentieren. Er setze auf Gelassenheit und sei Gegenwind gewöhnt.