Kultur/Medien

Ist das das Ende von 3sat? "Überführung" ins Arte-Programm im Gespräch

In einem in Deutschland gerade diskutierten Reformvorschlag der Bundesländer zu den öffentlich-rechtlichen Fernsehstationen lässt ein Punkt zum Kulturangebot aufhorchen. Es werden zwar weiterhin die TV-Sender 3sat und Arte genannt, allerdings wurde hinzugefügt: In Abstimmung mit den beteiligten öffentlich-rechtlichen europäischen Veranstaltern sollen die Inhalte von 3sat „teilweise oder vollständig“ in das Arte-Programm und dessen Digitalangebote „überführt werden“. Eine Verpflichtung bestehe nicht, heißt es in den Anmerkungen der Länder zur Reform.

Dennoch steht offenbar im Raum, den Bildungs- und Kultursender 3sat 40 Jahre nach seiner Gründung als Marke verschwinden zu lassen. Das Papier wurde von 16 Minister­präsidenten beschlossen. Die deutschen Bundesländer wollen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk reformieren und effizientere Strukturen schaffen. Dazu passen die Länder zahlreiche Staatsverträge an, in denen sie festlegen, was ARD, ZDF und Deutschlandradio leisten sollen. Sie legen darin die grobe Struktur der Häuser fest, sie dürfen aber nicht bei redaktionellen Fragen bei Sendungen mitsprechen - das ist verfassungsrechtlich durch die Rundfunkfreiheit geschützt. Ein vorläufiger Entwurf geht nun in eine Anhörungsphase. Nach Länderangaben könnte die Reform im Sommer 2025 in Kraft treten. 

Auswirkungen für ORF

Die Zukunft des Drei-Länder-Kanals 3sat hätte auch für den heimischen ORF Auswirkungen. Seit 1. Dezember 1984 bietet der ORF gemeinsam mit dem ZDF und der Schweizerischen Rundfunkanstalt (SF DRS) ein internationales deutschsprachiges Satelliten-Fernsehprogramm. Seit dem Beitritt der ARD Ende 1993 sind alle vier öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten des deutschen Sprachraums an 3sat beteiligt. Der ORF steuert 25 Prozent des Programms bei. Seit 1998 gibt es auch eine Kooperation des ORF mit dem deutsch-französischen Kulturkanal Arte, seit April 2001 ist der ORF assoziiertes Mitglied von Arte.

 

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ORF sucht nun "intensiven Austausch"

Der ORF hält zu den Entwicklungen auf KURIER-Anfrage fest: "3sat ist für den ORF seit 40 Jahren ein wichtiges Programmfenster in den DACH-Raum. Theater, Oper, Ballett, Fernsehfilme, Konzertübertragungen, Informationssendungen, Magazine und Dokumentationen aus Österreich werden via 3sat einem internationalen Publikum zugänglich gemacht. Aber auch das österreichische Publikum schätzt das deutsche und Schweizer Kultur- und Information-Angebot, das in Österreich via 3sat konsumiert werden kann, sehr." 

Und offenbar besteht nun Redebedarf. Der ORF werde in den kommenden Wochen "mit den Intendant:innen der Partnersender in einen intensiven Austausch über die Zukunft des Angebots treten. Essenziell für den ORF ist dabei, dass die hochqualitativen heimischen TV-Produktionen weiterhin einem internationalen Publikum zugänglich bleiben."

Dieser Austausch würde "nicht zuletzt im Rahmen der Feierlichkeiten zu 40 Jahre 3sat" stattfinden, heißt es auf dem Küniglberg.

Hauptprogramme von ARD und ZDF

Hier ist keine Veränderung geplant. Die Länder beauftragen je ein bundesweites TV-Hauptprogramm bei der ARD - Erstes Deutsches Fernsehen (Das Erste) - und beim ZDF - Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF). Hinzu kommen Regionalfernsehprogramme der ARD-Häuser Bayerischer Rundfunk (BR), Hessischer Rundfunk (HR), Mitteldeutscher Rundfunk (MDR), Norddeutscher Rundfunk (NDR), Radio Bremen (RB), Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), Südwestrundfunk (SWR), Saarländischer Rundfunk (SR) und Westdeutscher Rundfunk (WDR).

Nachrichtensender

Neben den Hauptprogrammen von ARD und ZDF gibt es kleinere Sender - einige werden auch Spartensender genannt, weil sie sich auf einen bestimmten Bereich konzentrieren. Die Länder planen hier eine Reduzierung, die auch das Nachrichtenangebot betreffen könnte. Die Länder wollen, dass es künftig ein oder zwei Angebote mit den Schwerpunkten Information, Bildung und Dokumentation gibt. Allerdings steht die Zahlenangabe noch in einer Klammer. Die Länder erläutern dazu: Mit Tagesschau24, Phoenix, ARD-alpha und ZDFinfo gebe es vier lineare Spartenkanäle mit dem genannten Schwerpunkt. Die Ressourcen sollen künftig in weniger Angeboten gebündelt werden. Was genau reduziert werden soll, bleibt offen. Von der Rundfunkkommission der Länder hieß es, dass die konkrete Ausgestaltung die Sender selbst treffen können. Dabei kann ein Angebot eines TV-Kanals ins Internet überführt werden oder auch ganz wegfallen.

Angebot für Jüngere

Auch bei den Angeboten für Jüngere wollen die Länder die Zahl reduzieren. Bislang listen sie in dem Bereich der bundesweiten jüngeren Angebote den Kindersender KiKA, das Internet-Angebot funk und die TV-Sender ZDFneo und ARD One auf. Eine Zusammenführung in einem einzigen Angebot erscheint den Ländern laut Anmerkungen im Reformentwurf für nicht sachgerecht, daher wollen sie an der Eigenständigkeit von Angeboten festhalten. Allerdings: „Gegenüber dem Status Quo wird die Anzahl jedoch reduziert.“ In den Anmerkungen ist die Rede von zwei/drei verbleibenden Angeboten. Konkrete Namen sind nicht genannt.

Radioprogramme

Die Anzahl der regionalen Hörfunkprogramme in der ARD soll von rund 70 Wellen auf 53 reduziert werden, wie die Länder erläutern. Als Grundwert nennen sie die Maximalzahl von vier terrestrisch verbreiteten Programmen je Rundfunkanstalt. Zusätzlich könne das Landesrecht aber die Regel vorsehen, dass ein ARD-Haus ein Hörfunkprogramm pro volle sechs Millionen Einwohner im Sendegebiet anbietet. Das ist vor allem für Bundesländer mit hoher Bevölkerung interessant und auch für ARD-Häuser, deren Sendegebiet in mehreren Bundesländern liegt. Welche Programme wegfallen, steht noch nicht fest.

ZDF-Fernsehrat warnt vor dem Verlust von Sendern

Der ZDF-Fernsehrat warnt nun vor einer Streichung von Sendern. Die Vorsitzende des Senderkontrollgremiums, Gerda Hasselfeldt, teilte der Deutschen Presse-Agentur mit: „Die Reformpläne dürfen keinesfalls zu Qualitätseinbußen im Angebot führen.“ Die 74-Jährige ergänzte: „Eine Streichung von Sendern verschlechtert das Angebot und damit auch die Akzeptanz. Deshalb dürfen die vielen Menschen, die weiter linear fernsehen, nicht abgehängt werden.“

Hasselfeldt, ehemalige Bundesministerin und frühere CSU-Bundestagspolitikerin, hob zudem hervor, mit dem Erfolg insbesondere bei Jüngeren förderten die Spartensender ZDFinfo, ZDFneo und der Kindersender KiKA den Dialog zwischen Generationen. Die Partnersender Phoenix, 3sat und Arte stehen demnach für politische, kulturelle oder gesellschaftliche Bildung und für die europäische Integration. „Die ZDF-Programmfamilie erfüllt damit den gesetzlichen Programmauftrag auf vorbildliche Weise. Eine zunehmend differenzierte Gesellschaft braucht ein auf die unterschiedlichen Zielgruppen zugeschnittenes Angebot“, ergänzte die Fernsehratschefin.