Alexander Wrabetz tritt erneut bei der ORF-Wahl an
Von Christoph Silber
Alexander Wrabetz und der ORF, das hat was von einer unendlichen Geschichte, die nun um ein weiteres Kapitel erweitert werden soll: Der 61-Jährige bewirbt sich für eine vierte Periode als Generaldirektor des Öffentlich-Rechtlichen. Das gab er am Donnerstag in einer Mail an die Stiftungsräte bekannt.
Er habe "große Lust und Freude", die begonnenen Zukunftsprojekte fortzuführen, erklärte er im Anschluss in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten. "Ich habe gezeigt, dass ich das Unternehmen in schwierigen Zeiten führen kann." Die aktuellen Herausforderungen erforderten "enschlossenes Handeln." Und: "Wir haben einen guten Plan". Der ORF habe die schwierige Situation der Pandemie "hervorragend gemeistert" und dies wirtschaftlich, aber auch programmlich, wie Wrabetz unter Verweis auf die Quoten sagte.
Für sich führte der Wiener ins Treffen seine "große, auch internationale Erfahrung" und seine bekannt "ruhige Hand". "Drei Monate vor der Entscheidung ist es ein guter Zeitpunkt zu sagen: Ja, ich will". Er glaube nicht, dass bereits eine Entscheidung gefallen sei, meinte Wrabetz über Personalgerüchte im türkisen Umfeld. Er wolle sich jedenfalls für die gesamte Vertragszeit bewerben, erklärte er in Hinblick auf eine kolportierte Halbzeitlösung. Zur Dominanz von Türkis im Stiftungsrat meinte Wrabetz: "Wenn der Stiftungsrat in seiner Verantwortung Abwägungen trifft, die Chancen durchaus gegeben sind, dass ich mit meiner Bewerbung erfolgreich sein werde."
Aus seiner Sicht steht der ORF in der Post-Pandemie-Zeit vor programmlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen, die viel mit der Konkurrenz der Streaming-Plattform zu tun haben. Auch muss noch der ORF-Campus samt multimedialem Newsroom umgesetzt und die Landesstudios als regionale Säule des ORF weiterentwickelt werden. Kopfzerbrechen bereitet die eigene Plattform, der ORF-Player. Wrabetz rechnet nicht mehr mit eine Novelle oder einer Regierungsvorlage, die mehr Möglichkeiten diebezüglich einräumt
Der Posten muss Ende Juni ausgeschrieben werden. Die Bewerbungsfrist endet vier Wochen später. Über die Besetzung der Chef-Etage entscheidet der türkis dominierte Stiftungsrat am 10. August.
Der promovierte Jurist hat den ORF über Jahre geprägt. Er stieg zunächst 1995 in den ORF-Aufsichtsrat, damals Kuratorium, ein. 1998 machte ihn Gerhard Weis zum kaufmännischen Direktor, als der er in der Folge auch von Monika Lindner bestätigt wurde. 2006 gelang ihm dann der Sprung auf den Chefposten, weil die ÖVP-BZÖ-Koalition in den letzten Zügen lag und Wrabetz ein begnadeter Taktierer ist - was ihm regelmäßig auch zum Vorwurf gemacht wird. Wrabetz ist inzwischen seit 14 Jahren und fünf Monaten ORF-Generaldirektor - das soll's also noch nicht gewesen sein.
Mikado beendet
In einer ersten Reaktion begrüßte Heinz Lederer, SPÖ-Vertreter im Stiftungsrat, die Bewerbung von Wrabetz: "Ich bin froh darüber, dass dieses Mikado-Spiel – keiner bewegt sich – durch den Generaldirektor im Sinne von Stabilität und Zukunftssicherheit für den ORF beendet wurde. Es gibt eine vom Stiftungsrat einstimmig beschlossene Strategie 2025, die die Handschrift von Alexander Wrabetz trägt. Die ist anzugehen und abzuarbeiten. Der ORF ist zu kostbar für Personal-Pokerspiele."
Thomas Zach, Leiter des türkisen Freundeskreises im Stiftungsrates, erklärte: "Ich nehme das drei Monate vor Bewerbungsschluss zur Kenntnis. Ich denke, jetzt ist es wieder Zeit, zur Arbeit zurückzukehren. Es gibt genug zu tun: Stichwort Newsroom, Stichwort Digitalisierung, Stichwort Programm."
Lothar Lockl, von der Bundesregierung in den Stiftungsrat entsandt, aber den Grünen zuordenbar, meint: „Es ist grundsätzlich als positiv zu werten, wenn sich äußerst qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber bereit erklären, Führungsfunktionen im ORF zu übernehmen. Es geht darum, dass Unternehmen zukunftsfit aufzustellen, die Digitalisierung voranzubringen, Unabhängigkeit, Qualität und Objektivität in Programm und Berichterstattung sicherzustellen und den ORF für ein junges Publikum wie auch potenzielle Mitarbeiter attraktiv zu machen. Entsprechend werden wir uns die Bewerbungskonzepte ansehen. Insgesamt begrüße ich, dass jetzt Klarheit gegeben ist.“