Kultur/Medien

"Ram di dam dam!": Kaleen für Österreich im ESC-Finale

Schon die Semifinal-Entscheidungen waren beim 68. Eurovision Song Contest enorm spannend: Um 23:10 Uhr stand fest, dass Sängerin Kaleen mit Österreichs Beitrag „We Will Rave“ ins große Finale einzieht. Die Oberösterreicherin wurde im schwedischen Malmö zum Glück bereits als zweiter Beitrag erlöst und konnte nach der Entscheidung des europäischen TV-Publikums einen der letzten zehn Startplätze für Samstag ergattern.

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Im Finale trifft sie mit ihrem Eurodance-Song auf starke Konkurrenz. Von den Buchmachern am höchsten gehandelt wurde zuletzt der Beitrag aus Kroatien – Baby Lasagna mit „Rim Tim Tagi Dim“. Auch der Schweizer Nemo („The Code“) gehört zu den Top-Favoriten und qualifizierte sich am Donnerstag. Israel, um dessen Teilnahme es heftige Debatten gegeben hatte, schaffte ebenso den Einzug ins Finale. Beim Auftritt von Eden Golan gab es laut Fernsehberichten auch Buhrufe, die offenbar von der Fernsehregie übertönt wurden.

 

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Makelloser Auftritt

Der Auftritt mit Startnummer 6 ist Kaleen reibungslos und spektakulär gelungen. Deutlichen Jubel gab es bereits beim Auftritt der 29-Jährigen, die zuerst in einen weißen Mantel mit Kapuze gehüllt war. Auch während der von Laser- und Strobo-Licht und schnellen Schnitten gekennzeichneten Tanzperformance gab es mehrmals Zwischenjubel, etwa als sich Kaleen mit dem Ausruf "Eurovision!" direkt ans Publikum wandte. Das Partyvolk vor Ort hat sie offenbar längst für sich gewonnen. Die Eurodance-Performance mit Backgroundtänzern ist dynamisch, effektvoll, mitreißend, mit viel Körpereinsatz. 

Die internationalen Buchmacher haben also Recht behalten, die 29-Jährige wurde vor dem Semifinale auf Platz 9 gereiht.

 

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Aufsteiger;

ArmenienLadaniva"Jako"
Estland5Miinust & Puuluup"(Nendest) narkootikumidest ei tea me (küll) midagi"
GeorgienNutsa Buzaladze"Fire Fighter"
GriechenlandMarina Satti"Zari"
IsraelEden Golan"Hurricane"
LettlandDons"Hollow"
NiederlandeJoost Klein"Europapa"
NorwegenGåte"Ulveham"
ÖsterreichKaleen"We Will Rave"
SchweizNemo"The Code"

Verlierer:

AlbanienBesa"Titan"
BelgienMustii"Before The Party's Over"
DänemarkSaba"Sand"
MaltaSarah Bonnici"Loop"
San MarinoMegara"11:11"
TschechienAiko"Pedestal"

Die Aufsteiger im Detail

Auf welchem Platz Kaleen im Halbfinale gereiht wurde, wird erst nach dem Finale bekanntgegeben. Jedenfalls wie erwartet ebenso sein Finalticket löste Nemo aus der Schweiz mit "The Code". Der nonbinäre Act wird mit seinem musikalischen Bombastgestus von den Buchmachern schon länger als einer der möglichen Favoriten auf den Gesamtsieg gehandelt. Selbiges gilt auch für den Niederländer Joost Klein, der mit seiner ernstgrundierten Spaßnummer "Europapa" folgerichtig ebenso weitergewählt wurde wie das armenische Duo Ladaniva mit dem flotten Folklorepopsong "Jako".

Weiter ist auch die israelische Sängerin Eden Golan mit "Hurricane". Auf der 20-Jährigen lag nicht zuletzt deshalb großes Augenmerk, weil sich in der ESC-Woche zahlreiche Protestveranstaltungen in Malmö gegen die Zulassung Israels zum Bewerb trotz des Gaza-Krieges formiert hatten. Dazu zählte auch ein Demonstrationszug am Nachmittag mit Tausenden Teilnehmenden, darunter "Fridays for Future"-Ikone Greta Thunberg. Nun ist Eden Golan auch am Samstag im Finale mit von der Partie - und in der Innenstadt von Malmö ist der nächste Demonstrationszug angekündigt.

Zu den weiteren Aufsteigern gehörte die norwegische Mythenrockgruppe Gåte, die sich im Nachbarland mit "Ulveham" ebenso durchsetzte wie der längste Titel der ESC-Geschichte, "(Nendest) narkootikumidest ei tea me (küll) midagi" der Esten 5Miinust & Puuluup, der dem Publikum offenbar gefiel. Fachjurys sind heuer nämlich bereits zum zweiten Mal beim Halbfinale nicht zugelassen. Sie werden erst im Finale ein Wörtchen mitzureden haben.

Wie Kaleen mit vier Tänzern im Hintergrund, gelang für Griechenland Marina Satti mit "Zari" ebenso der heutige Aufstieg wie Georgiens Nutsa Buzaladze mit "Fire Fighter". Ganz alleine auf der Bühne beweisen musste sich hingegen der Lette Dons mit der Schmachtballade "Hollow", der im Stile eines Mitglieds der Blue Man Group ohne blaue Farbe im Gesicht gewann.

  1. Malta eröffnete das zweite Semifinale. "Loop" ist pompöser Elektropop. Sandra Bonnici lässt zwar ihre Stimme wirken, aber bei den Buchmachern stand der Song auf dem letzten Platz.

  2. Albanien mit Sängerin Besa. Der Song „Titan“ hieß einmal „Zemrën n‘dorë“, bevor anglisiert wurd. Die Backgroundtänzer winken gleich mit den weißen Fahnen.

  3. Auch Griechenland liefert austauschbaren Dancepop: Marina Satti – „Zari“

  4. Der Song "The Code" von Mitfavorit Nemo aus der Schweiz besticht durch eine intelligent choreografierte Bühnenperformance und einen starken Song. Er scheint den Code für den ESC-Sieg geknackt zu haben.

  5. Tschechien: In Aikos „Pedestal“ geht es um Selbstachtung: Theatralische Bühnenshow, rockiger Popong. 

    Außer Konkurrenz: Slimane für Frankreich mit einer Ballade fürs Herz: Der Name „Mon Amour“ ist Programm.

  6. Kaleen für Österreich - müssen wir mehr sagen (siehe oben)?

  7. Dänemark: Saba liefert mit „Sand“ mehr als überzeugenden radiotauglichen Pop. Dürfte es nicht vor dem Finale zerbröseln.

  8. Bei Armenien wird*s folkloristisch. Ladaniva mit  „Jako“ 

    Spanien ist fix qualifiziert. Bei diesem eher austauschbaren Song (Nebulossa mit „Zorra“) dürfte das auch ein Vorteil sein

  9.  Lettland mit einer properen Mitsing-Ballade. Sänger Dons zeigt sich am Ende von "Hollow" emotional.

  10. San Marino mit dem ersten freakigen Auftritt des Abends. Von dieser Kategorie war beim Semifinale 1 ja wesentlich mehr zu beobachten. Megara – „11:11“ hat eine bunte Graphic Novel Ästhetik und rockt ziemlich auf die Zwölf.

  11. Georgien mit Nutsa Buzaladze und „Fire Fighter“. Wenig überraschend, dass einige Pyroeffekte eingesetzt werden,

  12. Mustii aus Belgien singt bedeutungsvoll: „Before The Party‘s Over“. Das wird doch kein Abgesang auf Europa sein.Musikalisch ist die Pop-Ballade ganz okay, aber wenig mitreißend.

  13. Der Titel von Estland und 5Miinust x Puuluup lautet: „(Nendest) narkootikumidest ei tea me (küll) midagi“. Also irgendwas mit Narkotikum. Könnte bei diesem 1,2, Polizei-Sound nicht schaden. Stimmlich tut es an diesem Abend zum ersten Mal richtig weh.

    Italien, ebenfalls ein Fixstarter im Finale, setzt auf Stimme inmitten lateinamerikanischer Anklänge: Angelina Mango mit „La noia“.

  14. Der Beitrag von Israel, "Hurricane" von Eden Golan, musste umgeschrieben werden, weil er zunächst schon im Titel an den Oktober erinnerte. Der Song selbst ist unspektakulär, eine herkömmliche Ballade, die auf stimmliche Qualität setzt. Laut ORF-Kommentator Andi Knoll gab es im Saal vereinzelt Buhrufe, die aber von der Tonregie mit Jubel überspielt werden.
     
  15. Norwegen: Gåte greifen mit „Ulveham“ auf mittelalterliche Balladen zurück, die märchenhafte Erzählung wird mit Metal-Klängen unterlegt. Ab und zu funktioniert das beim ESC - aber nicht immer.
     
  16. Niederlande: Joost Klein macht Kaleen auch mit Stampf-Pop Konkurrenz. „Europapa“ bietet aber recht viel Klamauk und am Ende noch Ernsthaftigkeit, wenn Klein an seinen Vater erinnert. Laut den BUchmachern ein großer Favorit.

Die Unglücklichen im Detail

Die Heimreise nach Albanien antreten muss indes Besa, die mit ihrer Mischung aus Kopftuch und ESC-Ballade ebenso wenig genügend Stimmen auf sich vereinen konnte wie Maltas Sarah Bonnici, der ihre vier Backgroundtänzer offenbar kein Glück brachten. Tschechiens Aiko konnte sich mit ihrem ambitionierten Indierocksong "Pedestal" unverständlicherweise ebenfalls kein Finalticket sichern.

Party is over hieß es hingegen überraschend für Mustii aus Belgien mit seinem Glamrock "Before The Party's Over". Ebenso wenig half das ebenso viel herausgeschriene Leid Dänemarks Saba, deren "Sand" ihr die Finalhoffnung wie Sand durch die Finger rieseln ließ. Und schließlich halfen auch die Horrorhasen samt Gothic-Comicgeschichte der Formation Megara aus San Marino nicht, fielen die Vertreter der Mönchsrepublik doch am Ende durch.

Die Top 3

Platz 1 im Halbfinale wurde dem niederländischen Kandidaten Joost Klein mit seiner etwas dunkel grundierten Spaßhymne "Europapa" prognostiziert, ganz knapp gefolgt vom Schweizer Act Nemo mit "The Code". Diesem werden wiederum im Finale am Samstag gute Chancen ausgerechnet - allerdings auch hier auf den zweiten Platz. Denn der anfangs im direkten Duell mit der Schweiz befindliche Kroate Baby Lasagna zieht in der Gunst der Zocker langsam davon und kristallisiert sich als Favorit für den Sieg heraus. Das Führungstrio komplettiert das ukrainische Duo Alyona Alyona & Jerry Heil, das sich sukzessive nach vorne schiebt auf derzeit Platz 3 und von vielen als möglicher Liebling der Länderjurys gesehen wird. Es bleibt also spannend. ORF 1 überträgt am Samstag wieder ab 21 Uhr live.