kronehit-Chefs: „KI wird bei uns keine Mitarbeiter ersetzen“
Neben dem Start neuer Web-Kanäle prüft Österreichs größter Privatsender kronehit nun die Verbreitung im Digitalradio-Standard DAB+. Eine Novelle zum Privatradiogesetz, seit 1. August in Kraft, erlaubt zusätzlich bis zu sechs DAB+-Kanäle. Entsprechende Radiogeräte müssen heute z. B. in neuen Pkws verbaut werden. Geschäftsführer Mario Frühauf sieht DAB+ aber „ganz klar als Zwischen-Technologie.“ Die Radio-Zukunft sei „eindeutig 5G Broadcast“.
An dessen Entwicklung arbeitet kronehit intensiv mit dem ORF und dessen Sendertochter ORS. 5G Broadcast überträgt Live-Inhalte direkt auf mobile Geräte – ohne Internet oder SIM-Karte. Tests am Donauinselfest verliefen „sehr erfolgreich, mit Geräten und einer Technologie, die es schon am Markt gibt“, erzählt Co-Chef Philipp König. (Hier geht's zur Interview-Langfassung)
Die Geschichte
kronehit startete 2001 in Wien und Niederösterreich und war 2004 das erste österreichweit empfangbare Privatradio. Beteiligt ist auch der KURIER
Die Sender
kronehit ist inzwischen weit mehr als das UKW-Programm. Über Smart Speaker, Radioplayer und im Web sind eine Vielzahl an Musik-Kanälen abrufbar. Mit kronehit plus extra eurodance und kronehit plus extra greatest hits sind weitere moderierte Programme mit Info und Service angekündigt
Die Hörer
Die Tagesreichweite legte zuletzt erneut (leicht) zu auf 932.000 (ab 10 Jahre) sowie auf 735.000 bei 14- bis 49-Jährigen. In der werberelevanten Zielgruppe ist man zudem in fünf Bundesländern werktags das meistgehörte Privatradio
Alexa spielt kronehit
Der Weg ist zwar noch weit, weil Chip-Produzenten, Software- und Geräte-Anbieter mitspielen und Frequenzen dafür gewidmet werden müssen. „Aber ich bin optimistisch“, sagt König. Für Frühauf wird diese Technologie dank Rückkanal-Möglichkeiten „ein echter Gamechanger. Es würde schlicht und einfach das personalisierte Radio ermöglichen.“ Vom Aufwachen bis zum Schlafengehen.
An anderer Stelle hat die Radio-Zukunft schon begonnen. Immer öfter heißt es: Alexa, spiel kronehit.
„Smart Speaker haben in vielen Haushalten klassische Radiogeräte ersetzt“, so Frühauf. Seine Sorge ist nun, „dass die Giganten in dem Bereich auf die Idee kommen, die Medien zur Kassa zu bitten. Es ist ganz wichtig, dass die EU zum Schutz der Medienangebote hier Sicherheitslinien einzieht.“ Teil des Problems sind Fragen des fairen Zugangs und auch jene der nationalen kulturellen Identität. Jurist König hofft auf eine gute Lösung wie schon bei der Netzneutralität.
Mit Alexa & Co nutzen Konsumenten bereits KI, also Künstliche Intelligenz. Und wie schaut’s auf Sender-Seite aus? Frühauf: „Uns ist zunächst wichtig, den Mitarbeitern die Sorgen bezogen auf dieses Thema zu nehmen. Ich persönlich glaube nicht daran, dass KI bei kronehit Mitarbeiter ersetzen wird.“ Vielmehr werde man mit der bestehenden Mitarbeiterzahl oder einigen zusätzlichen mehr Inhalte und Produkte produzieren können. Das mache kronehit wirtschaftlich erfolgreich und damit Arbeitsplätze zukunftssicher.
Rasante Entwicklung
Die Entwicklung ist enorm. Alle internen Projekte sind nun auf KI und Sprach-Synthese ausgerichtet. König: „In zwei Jahren wird man Radio ganz anders produzieren, als wir vor einem Jahr noch gedacht haben.“ Aber: „KI ist nur so gut wie die Datenbanken, auf die sie aufsetzen kann.“
kronehit arbeitet in der Information u. a. mit der Austria Presse Agentur sowie mit Wetter- oder der Asfinag-Datenbanken. Ganz wesentlich ist die hauseigene Musik-Playlist. Etwas komplexer ist es bei Trending Topics. König: „Mit diesen standardisierten, gut gewarteten Datenbanken gibt es eine ideale Voraussetzung, um eine wirklich breite KI-Implementierung anzugehen.“ Co-Chef Frühauf betont aber: „Radio ist ein Live-Medium, wird von Menschen für Menschen gemacht. Sensible Themen wie Nachrichten werden immer in der Hand einer Redaktion liegen.“ Und man müsse auch sehen: „KI kann nicht auf ein Festival fahren und die Stimmung einfangen“, so König.
Stimmen-Modulation
kronehit arbeitet mit Partnern auch an der Stimmen-Modulation mittels KI und, was bisher fehlte, einem österreichischen Sprachmodell. Das kann „ergänzend zum Liveprogramm einen Mehrwert für unsere Hörerinnen und Hörer schaffen“, so Frühauf. Möglich wird, etwa in der Nacht aktuelle Verkehrs- oder Wetterinfos (von der Datenbank) mit der Stimme des kronehit-Moderators zu senden, ohne physische Präsenz. Eine spannende Entwicklung, die auch (arbeits-)rechtliche Fragen aufwirft, wie König einräumt.
Aber kompliziert ist auch die Radio-Gegenwart. Grund ist ein Dauerärgernis. „Ö3 versucht, uns immer wieder aus Events rauszudrängen bzw. draußenzuhalten“, sagt Frühauf. Die Logik dahinter: Vorort-Präsenz und Gemeinschaftserlebnis bei Events wirken positiv auf Marke und Erinnerungswerte. Die sind wichtig für den Radiotest, der hohe Bedeutung für den Werbezeitenverkauf hat.
Verpasste Chance
Frühauf meint, man habe nun bei der ORF-Novelle „eine historische Chance verpasst, dem ORF den kommerziellen Druck zumindest teilweise zu nehmen.“ Ein generelles Werbeverbot fordert er nicht. „Aber eine signifikante Reduktion in Form eines Mehrjahresplans wäre sinnvoll gewesen.“
Das alles tut der positiven Entwicklung bei kronehit keinen Abbruch. Frühauf: „2022 war wirtschaftlich das erfolgreichste Jahr in der Unternehmensgeschichte von kronehit.“ Auch bei den Reichweiten laufe es extrem erfreulich. „Das stimmt uns insgesamt optimistisch für das weitere Jahr.“