30 Jahre Haft für Sänger R. Kelly nach Missbrauchsprozess
Von Georg Leyrer
„I Believe I Can Fly“, sang er einst; eine softe Hymne an die eigene Kraft, Dinge zu erreichen, die längst durch Misstöne unanhörbar geworden ist. Denn R. Kelly hat seinen Erfolg dafür benützt, Minderjährige zu missbrauchen. Nun muss der 55-Jährige deswegen für dreißig Jahre ins Gefängnis.
Im vergangenen Jahr war Kelly von einer Jury in New York in einem Missbrauchsprozess in allen neun Anklagepunkten – darunter sexuelle Ausbeutung Minderjähriger, Kidnapping und Bestechung – für schuldig befunden worden. Die Verkündigung des Strafausmaßes aber war immer wieder verschoben worden.
Im Prozess hatten mehrere Frauen ausgesagt, sie seien vergewaltigt, geschlagen, unter Drogen gesetzt und eingesperrt worden. Manchmal sei ihnen Essen oder der Gang zur Toilette verweigert worden. Sechs der mutmaßlichen Opfer waren minderjährig, als Kelly den Missbrauch begonnen haben soll. Viele Opfer sagten auch, der Sänger habe den Sex regelmäßig gefilmt, was den Tatbestand der Kinderpornografie erfüllen würde.
Die Staatsanwaltschaft hatte nun mindestens 25 Jahre Haft gefordert. Auch lebenslange Haft war nach dem Urteil möglich. Kellys Anwälte forderten hingegen eine deutlich geringere Strafe und haben bereits angekündigt, gegen das Urteil in Berufung gehen zu wollen.
Lange Zeitspanne
Die Taten erstrecken sich dabei über mehr als zwei Jahrzehnte, von 1994 bis 2018. Kelly stand deswegen bereits einmal vor Gericht, wurde aber freigesprochen.
Erste Anschuldigungen gegen den 1967 in Chicago als Robert Sylvester Kelly geborenen Musiker wurden bereits vor rund 25 Jahren bekannt. 2008 stand er wegen des Besitzes von Bildern schweren sexuellen Kindesmissbrauchs vor Gericht - und wurde freigesprochen.
Aber spätestens als 2019 die aufsehenerregende Dokumentation "Surviving R. Kelly" die Anschuldigungen zusammenfasste, wurde es um den Sänger immer einsamer. Stars distanzierten sich von ihm, zudem Radiosender, Streaming-Dienste und dann auch sein Musiklabel RCA, das zu Sony Music gehört.
Mit der Strafmaßverkündung in New York sind die juristischen Auseinandersetzungen für Kelly noch nicht vorbei: Auch in den US-Bundesstaaten Illinois und Minnesota liegen Anklagen gegen den Musiker vor. Ein Prozess in Chicago soll schon Mitte August beginnen.
Mit Kelly stand der zweite prominente Täter in einem aufsehenerregenden Missbrauchsfall innerhalb von zwei Tagen vor Gericht: Die Komplizin des Sex-Missbrauchsrings von Multimillionär Jeffrey Epstein, Ghislaine Maxwell, war am Dienstag zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.