Kultur

Haneke in Madrid wie ein Popstar gefeiert

Michael Haneke macht sich vor der Oscar-Verleihung am Sonntag rar. Was solle er sagen, außer dass er sich sehr über die fünf Nominierungen für „Amour“ freue, hatte er gemeint. Das Interesse am Meisterregisseur war aber so groß und die Anzahl der Interviewanfragen aus aller Welt so zahlreich, dass er sich entschloss, einen offiziellen Auftritt zu absolvieren: Eine Pressekonferenz in Madrid, im Circulo de Bellas Artes, wo ihm Opernintendant Gérard Mortier zur Seite stand. An dem vom ehemaligen Salzburger Festspielchef geleiteten Haus, dem Teatro Real in Madrid, inszeniert Haneke Mozarts „Così fan tutte“, Premiere ist am Samstag.

Was sich am Mittwoch bei diesem Termin abspielte, erlebt man sonst bestenfalls bei Auftritten von Popstars: Dutzende Kamerateams, an die 100 Journalisten, dazu mindestens doppelt so viele Studenten, die Mortier in den Saal gelassen hatte und die alle ein Foto mit Haneke wollten. Schön, wenn ein derart ernsthafter Künstler auf solche Begeisterung stößt.

Aber auch die Vorbereitungen überstiegen das, was man im Opernbereich normalerweise für möglich hält. Seit einigen Jahren beschäftigt sich Haneke mit dieser Regiearbeit. 120 Sänger wurden für sechs Rollen gecastet. Seit 1. Jänner wird in Madrid geprobt, Dirigent Sylain Cambreling war die ganze Zeit dabei. Mortier ermöglichte Haneke diese Arbeitsbedingungen. Traurig, dass Theater-an-der-Wien-Chef Roland Geyer das offenbar irgendwann als zu mühsam empfand und aus der geplanten Koproduktion ausstieg. So wird man auch Hanekes zweite Opernregie – nach „Don Giovanni“, damals bei Mortier in Paris – nicht in Wien sehen.

„Ich bin viel nervöser bei der Oper als vor dem Oscar“, sagte Haneke. „Da kann immer etwas schiefgehen. Beim Oscar hat ja das Voting schon stattgefunden.“ Nach „Don Giovanni“ seien ihm 15 Opern angeboten worden. „Aber ich inszeniere nur das, was ich für möglich halte. Man scheitert bei solchen Meisterwerken immer. Die Frage ist nur, auf welchem Niveau.“

Weitere Opern stehen nicht auf seinem Plan. „Nach dem Oscar fange ich an, den nächsten Film zu schreiben. Das ist ja mein eigentlicher Beruf.“

Michael Haneke im Porträt

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