Florence Arman: Hier kommt die Zukunft
Von Marco Weise
„Out of the Blue“ nennt sich die erste EP von Florence Arman. Aber aus dem Nichts, also „out of the blue“ kommt die junge Musikerin nicht: Die in Tirol aufgewachsene und derzeit in Wien lebende Sängerin mit britischen Wurzeln ist keine Unbekannte mehr. Florence Arman weiß nämlich, was ein guter Song braucht. Von diesem Talent haben auch bereits viele Künstler profitiert. Die Liste an Kollaborationen ist lang: Sie hat etwa Chöre für Conchita (Wurst) eingesungen, war mit der britischen Rockband The Kooks im Studio und hat dem deutschen Pop-Rapper Cro oder der australischen Künstlerin G Flip Sounds, Töne und Ideen geliefert. Hin und wieder verkaufe sie auch fertige Songs. Aber das sei eher die Ausnahme, wie Arman dem KURIER erzählt. Denn „die meisten Künstler, die ich kenne, wollen zumindest bei der Entstehung involviert sein.“ Im Pop-Business hat das auch Tradition. Madonna hat zum Beispiel kaum einen ihrer Songs alleine geschrieben. „Ich dachte als Teenagerin auch immer, dass Avril Lavigne weinend zu Hause sitzt, wenn sie ihre Lieder schreibt. Aber irgendwann habe ich dann erfahren, dass das gar nicht stimmen muss, und sie vielleicht nicht alle Lieder selbst geschrieben hat“, sagt Arman.
Auf die musikalische Unterstützung Armans müssen andere Musiker aber erst einmal warten. Denn die Singer-Songwriterin richtet ihren Fokus erst einmal auf ihre eigene Karriere.
Musikerfamilie
Florence Arman hat sehr früh begonnen, Musik zu machen. Ich war zirka 9 Jahre und habe das immer nur für mich gemacht, denn ich wollte auf gar keinen Fall professionell Musik machen, sondern eigentlich Lehrerin werden. Das habe ich später auch zu studieren begonnen“, sagt sie.
Nebenbei hat sie weiterhin Songs geschrieben – nur für sich. Bis Matthias Oldofredi alias Filous in ihr Leben trat. „Er hat mich zu Songwriting-Sessions mitgenommen, mir positiv zugesprochen und mich motiviert. Danach ging es schnell und ich hatte keine Zeit mehr für die Prüfung an der Uni“, sagt Arman.
Ihre Familie hatte für das jähe Ende der Uni-Laufbahn wohl Verständnis. Denn ihr Vater ist Dirigent und Komponist, ihre Mutter eine Gesangslehrerin, ihr Bruder Jazzgitarrist und der andere Bruder Songwriter und Musikproduzent. „Wir Kinder haben sehr früh angefangen, Instrumente zu lernen: Ich habe mit vier Jahren begonnen, Geige zu spielen – das war auch jahrelang mein Hauptinstrument. Gitarre und Klavier habe ich mir dann nach und nach selbst beigebracht“, sagt Arman.
Eine wesentliche Rolle beim Musikmachen spielt mittlerweile auch das Smartphone. „Es ist mein ständiger Begleiter. Ich nehme sehr viele Ideen am Handy auf, schreibe dort meine Texte und mache da auch oft gleich erste Melodien.
Zutaten
Die sieben Songs, die sie nun auf ihrer Debüt-EP „Out of the Blue“ veröffentlicht hat, sind unglaublich eingängig – erwähnenswert etwa das soulig-berührende „Fever„ oder die zunächst reduzierte, sich zum Ende hin steigernde Ballade „Black & White“. Aber auch die restlichen Lieder haben allesamt das Zeug zum großen Hit. Die Liste für ihre dabei verwendeten Zutaten ist aber kurz. Soll heißen: Da ist nichts üppig gewürzt, wird nichts künstlich aufgeblasen, wirkt alles Lo-fi produziert. Die Melodieführung übernehmen entweder das Klavier oder die Gitarre, die Beats sind im Midtempo-Bereich angesiedelt oder im Falle von „In A Heartbeat“ kaum wahrnehmbar. Obwohl man die Songs davor noch nie gehört hat, kommen sie einem gleich bekannt vor. „Ich finde es cool, eine Melodie so klingen zu lassen, dass sie einerseits bekannt und andererseits nicht zu flach, nicht poppig ausfällt. Das ist stets eine Gratwanderung. Ich sehe das wie ein Puzzle, das es zu lösen gilt. Simple Melodien neu zu denken, das macht mir Spaß“, sagt Arman.
Loslassen
Das Musikschreiben sei für sie auch eine therapeutische Maßnahme. Die EP könne man also auch als „Sammlung von Therapiestunden“ betrachten, so Arman, die kürzlich ihren 26. Geburtstag feierte. „Songschreiben ist ja eigentlich wie diskutieren oder streiten, aber eben nur mit einer Seite, während die andere Person ganz leise ist und dir nur zuhört“, sagt sie.
Mit „Out of the Blue„ räumt Florence Arman auch ihr Leben auf. Es ist ein Aufarbeiten der letzten Jahre, in denen viel passiert sei. „Ich bin umgezogen, Freundschaften sind in die Brüche gegangen. Alles, was ich in den letzten Jahren erlebt habe, habe ich auf dieser EP verarbeitet“, sagt sie. Dieses Loslassen klingt wunderschön.