Kultur

Ex-Partner und andere Zombies

Da ist Ira, der nach seiner Scheidung wieder eine Frau kennen lernen möchte. Leider hat die Auserwählte einen Sohn, Bruno, genannt "Bruny", der ganz besonders an seiner Mutter hängt.

Dann ist da Kit, die ihren Ehering nicht mehr vom Finger bekommen will, obwohl ihr Ex ihr schon androht, in ihr herunter zu schneiden.

Und außerdem Ian, der bei der Hochzeit seiner Exfrau den DJ spielt und dabei ein T-Shirt mit dem Schriftzug "Danke, dass ich kommen durfte", trägt.

So heißt auch die deutsche Ausgabe von Lorrie Moores Kurzgeschichtenband, mit dem sie nach längerer Pause nun wieder auf sich aufmerksam macht. Wobei: Genau das will sie eigentlich gar nicht. "Es ist unmöglich, mein Leben interessant darzustellen" pflegt die 1957 in Glens Falls, New York, geborene Anglistik-Professorin Interviewanfragen abzuwehren. Unbestreitbar aber ist: Moore, die mit ihrem Roman "Ein Tor zur Welt" für den PEN/Faulkner Award nominiert war, gehört zu den bedeutendsten Autorinnen zeitgenössischer amerikanischer Literatur.

Am Scheideweg

Die vorliegenden acht Kurzgeschichten erzählen scharfsinnig und humorvoll von Menschen, die am Scheideweg stehen. Moore beobachtet fein und legt sacht den Finger auf die Wunde. Sie berichtet von Kit und Raf, die sich nach jahrelangem Ehekrieg den Kindern zuliebe zu einer letzten gemeinsamen Reise aufraffen. Ausgerechnet in die "Gringo-Eklave" La Caribe, wo die Leute "am Strand Bücher über die Genozide in Ruanda und Jugoslawien lesen." Und wo die frisch geschlüpften Meeresschildkröten als Touristen-Attraktion geopfert werden. Die Chance auf ein Wiederfinden der Eheleute ist gleich null, allein schon deshalb, weil Kits Koffer verloren gegangen ist und sie wenig attraktive Kleider aus dem Souvenir-Geschäft tragen muss: Sie sind ausnahmslos mit dem Schriftzug "La Caribe" versehen.

Bake und Suzy wiederum mögen einander ganz gerne, nur das mit der Intimität klappt nicht mehr so ganz: "Ich bin sechzig und nehme Antidepressiva", pflegt er das zu kommentieren.

Brillant ist die erste Story, die von Ira erzählt, der mit Zora ein neues Glück finden will. Auch diese Beziehung hat ein Intimitätsproblem: Zora verbietet ihm, sie zu küssen, wenn ihr Sohn in der Nähe ist. Denn "Bruny", dem mürrischen Teenager, könnte das nicht recht sein. Moore kommentiert nicht. Sie merkt nur dezent maliziös an. Die Story trägt übrigens den Namen "verbellt", obwohl darin (eigentlich) kein Wachhund vorkommt.

"Das Ende der Liebe war ein großer Zombiefilm," heißt es an einer Stelle. Ein ungewöhnlich direkter Satz für dieses Buch. Denn tatsächlich handelt es nicht von Zombies, sondern von subtilen, aber umso beunruhigenderen Geistern.

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Lorrie Moore: Danke, dass ich kommen durfte.
Storys. Übersetzt von Frank Heibert. Berlin Verlag.
208 Seiten € 20,60.