Die Erdberger Italianità
Von Barbara Beer
Der Charme des Grätzels erschließt sich nicht sofort. Hier, unweit des ehemaligen Schlachthofes St. Marx, ist die Gentrifizierung noch weit weg. Wettcafé, Pizzeria und Würstelstand scheinen die kulinarischen und kulturellen Highlights dieser unscheinbaren Gegend zu sein. Doch ein zweiter Blick auf die Markhofgasse, dieses Mauerblümchen einer Gasse, lohnt sich.
Denn hier, im Innenhof eines unauffälligen Jahrhundertwende-Hauses, befindet sich mit der Galerie "Markhof 2" einer der überraschendsten Ausstellungsorte Wiens: Da macht das bodenständige Erdberg auf hippes Neubau, macht ein mausgraues Wohngrätzel auf buntes Künstlerviertel – und das ist ziemlich charmant.
Schon im Hauseingang hört man sie Italienisch reden und scherzen. Max Piva, Michele Bubacco und Mattia Casagrande, drei junge Maler aus Venedig, arbeiten hier an ihrer ersten gemeinsamen Ausstellung, und sie haben bis zur letzten Minute alle Hände voll zu tun. Die Schau "Bacan" eröffnet am Donnerstag und zeigt einen Überblick über das ungewöhnliche, formal wie inhaltlich höchst unterschiedliche Werk der drei Künstler, die einander seit ihrer Schulzeit am Liceo Artistico in Venedig kennen.
Die Technik Max Pivas ist schwer zu fassen, denn sie ändert sich mit jeder Werkserie: Das sei das Wesen seiner Arbeit, sagt der 30-Jährige, der zuletzt in der Galerie Ulysses die Bilderserie "Schwerkraft" ausgestellt hat. "Jede Arbeit muss die vorige infrage stellen. Ich lehne die Routine ab und verwende immer Techniken, die ich mir neu erarbeiten muss. Ich bringe mich gerne in Schwierigkeiten", sagt Piva. Für die "Schwerkraft"-Bilder, die nun auch hier zu sehen sind, hat er Fotos bearbeitet – eigentlich: zerstört und daraus Neues geschaffen. Ein wuchtiges, faszinierendes organisches Farbenspiel, das wie eine moderne Interpretation eines Renaissance-Gemäldes wirkt.
Kernstück der Schau ist ein raumfüllendes Triptychon, das die drei gemeinsam bearbeitet haben. Jeder malte seins, kommentiert von den anderen. Über allen Arbeiten schwebt "Bacan", der Titel der Schau. Bacan, das ist eine Insel vor Venedig, die man nur bei Ebbe sieht. Eine Erinnerung aus den Kindheitstagen der Künstler.