Der Beethovenfries beglückt - besonders in Kombination mit Musik
Wer einen Stimmungsaufheller benötigt, der sollte dem Beethovenfries in der Wiener Secession einen Besuch abstatten. Das Betrachten des Wandgemäldes von Gustav Klimt wirkt wohltuend, besonders wenn Sie Beethovens Neunte dazu hören. Zu dem Schluss kam eine Studie von Wiener Psychologen im Fachblatt „APA PsycArticles“. „Hier wird etwas geschaffen, dass den Menschen beglückt und erhöht“, so Helmut Leder.
Das Beethovenfries zählt zu den Hauptwerken Gustav Klimts und gilt als einer der Höhepunkte des Wiener Jugendstils. Das Thema des Frieses bezieht sich auf Richard Wagners Interpretation der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Die drei bemalten Wände im Untergeschoß der Wiener Secession am Naschmarkt bilden - beginnend an der linken Seite - eine zusammenhängende Erzählung, die die Sehnsucht der Menschen nach dem Glück darstellt. Am Ende der Reise findet die Sehnsucht Stillung in den Künsten.
Zu dieser Schlussfolgerung kam nun auch eine Forschergruppe um die Doktorandin Anna Fekete unter der Leitung von Helmut Leder von der Fakultät für Psychologie der Universität Wien. Besucher und Besucherinnen wurden dazu eingeladen, den Fries zu betrachten, während sie dabei die Musik hören konnten, die das Kunstwerk inspirierte: Beethovens Neunte.
"Rauschhaftes Erleben"
Die Ergebnisse wurden mit einer Personengruppe verglichen, die bei der Betrachtung des Frieses keine Musik hörte. Das Resultat: Mit Musik wird der Kunstgenuss gesteigert und Stress reduziert. „Wenn zwei Sinne stimuliert werden, und zwar in einer ästhetischen, künstlerischen Weise, dann verstärkt das die ästhetische Erfahrung noch einmal deutlich. Es reduziert auch die Ängstlichkeit oder Besorgtheit der Person“, so Leder im Gespräch mit der APA. „Das kennt man auch aus der Oper, wenn das Optische und Spielerische mit der Musik zusammenpasst, dann führt das schon mal zu einem rauschhaften Erleben.“
Ode an die Freude
„Freude, schöner Götterfunken“ - Die letzte vollendete Sinfonie des deutschen Komponisten, eine Vertonung von Schillers „Ode an die Freude“, ist ein erhabenes Orchesterwerk. Dass solche Kunst eine positive Wirkung auf den Menschen haben kann, das mag vielleicht nicht überraschen. Aber wäre die Betrachtung auch eine wohltuende, wenn man beispielsweise brachiale Musik von einer Band wie Rammstein hören würde, während man den Fries betrachtet? „Der Effekt wäre vermutlich ein anderer“, sagte Leder, „aber wenn die Musik von Rammstein das wäre, was jemand passend findet, weil es in Klimts Gemälde ja auch um das Zusammenspiel von Leiden und Leben geht, dann könnte ich mir vorstellen, dass auch das ein stärkeres ästhetisches Erleben produziert.“
Ganz allgemein stellte man fest, dass ein kurzer Museumsbesuch von 14,3 Minuten bei allen Besuchern, unabhängig von der Musik, Ängste, Stress und negative Stimmung reduzierte. „Kunst hat auf jeden Fall das Potenzial, uns extrem gut zu tun“, betonte Leder. Aber die Ästhetik spielt dabei durchaus eine Rolle. „Der Wunsch vieler Forscher wäre, behaupten zu können, dass Kunst wohltuend ist“, so Leder, „aber es gibt immer noch viel zu wenig Forschung, die das belegt“. Man müsse zum Beispiel zwischen Kitsch und Kunst unterscheiden: „Kitsch, der sehr schnell positive Gefühle hervorrufen kann wie zum Beispiel die schöne Abbildung einer Katze“ und einer „echten Ästhetik, die auch tiefer geht“.
„Das sinnhafte Verarbeiten, also dass ich das Gefühl habe, mir wird etwas vermittelt, was für mich bedeutsam sein kann, ist die wesentliche Zutat, damit Kunst uns guttut“, meint Leder. Das zeige seine bisherige Forschung, die vor allem in der Bundeshauptstadt vorangetrieben werde. „Wir hier in Wien sind eine international führende Forschergruppe, die das versucht, in guten Experimenten wie diesen, zu testen“, so der Forscher. Die Studienergebnisse können im Eigenexperiment überprüft werden - mit Kopfhörern zur Verfügung gestellt vom Museum.