Kultur

Braves-Mädchen-Problem

Ein fragiles, rothaariges Mädchen, Tochter einer Krankenschwester und eines Journalisten, ist mit der Pflege des Alzheimer kranken Vaters überfordert. Dieser stirbt, als das Mädchen 14 ist. Die Halbwüchsige wird viel zu tun haben, um diesen Verlust und seine schrecklichen Umstände zu überwinden.

„Ein allzu braves Mädchen“ ist ein Psychothriller, der die Aufarbeitung eines Kindheitstraumas erzählt. Biografische Details stimmen mit dem Leben der Autorin überein. Andrea Sawatzki, rothaarig und zart wie ihre Protagonistin, pflegte als Kind ihren kranken Vater. Autobiografisch sei der Roman trotzdem nicht, sagt sie.
Im Gegensatz zum Leben ihrer Romanheldin ist Sawatzkis Leben nach dem Kindheitstrauma gut weitergegangen: Sie gehört heute zu den meistbeschäftigten Film- und Fernsehschauspielerinnen Deutschlands und ist vielen als „Tatort“-Kommissarin Charlotte Sänger in Erinnerung.

Alpträume

Der erste Roman der Schauspielerin mit den markanten Wangenknochen erzählt von einer jungen Frau, die verstört in einem Wald gefunden wird und sich nicht erinnern kann, wer sie ist. Man bringt sie in eine Psychiatrie, sie wird dort tagelang nichts anderes tun, als in einer Zimmerecke kauern und ihren Oberkörper umarmen. Nachts wird sie von Albträumen geplagt, aus denen sie schreiend erwacht, oft mit Verletzungen, die sie sich selbst zugefügt hat.

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Nur langsam öffnet sich die junge Frau der geduldigen Psychiaterin. Was diese über die Herkunft ihrer verwirrten Patientin erfährt, ist grauenvoll. Dass ihre Geschichte mit dem nebenbei erzählten Mord an einem perversen Pensionisten zu tun haben könnte, macht den Thriller zwar reicher an scheußlichen Details, aber nicht inhaltlich wertvoller: Was bleibt, ist die Aufarbeitung eines Kindheitstraumas.

Der Deutschen Presseagentur erzählte Sawatzki, sie habe sich stilistisch an Stephen King orientiert und 16 Fassungen ihres Romans geschrieben, bevor sie zufrieden war.

KURIER-Wertung: **** von *****

Info: AndreaSawatzki: „Ein allzu bravesMädchen“ Piper Verlag.176 Seiten. 17,50 Euro. Das Hörbuch, bei Osterwold erschienen, liest die Autorin selbst: 14,49 €.