Kultur

Sophia Burtscher: "Wenn man in Wien lebt, sieht man, was Theater wirklich ist"

Zwischen all den übergroßen Männer-Egos in der deutschen Netflix-Serie „King of Stonks“ ist Alex Eriksson (gespielt von Sophia Burtscher) eine der wenigen vernünftigen Stimmen. Die rasante Satire auf die Finanzwelt mit Thomas Schubert und Matthias Brandt hat sich vom Wirecard-Skandal inspirieren lassen, lässt die Protagonisten von einem Skandal zur nächsten Party ziehen – nicht so Burtschers Figur, eine Juristin: „Sie ist so eine nüchterne Instanz“, erzählt die 32-Jährige.

„Ich war am Anfang ein bisschen neidisch, dass die anderen so verrücktes Zeug machen durften, aber ich habe dann doch großen Spaß mit dieser Figur gehabt.“ Am Ende der ersten Staffel hat sie schließlich noch einen großen Auftritt. Ob es eine Fortsetzung geben wird, stehe noch nicht fest. Burtschers Figur würde aber „auf jeden Fall prominent als Antagonistin auftauchen“.

Für die gebürtige Bregenzerin war es die erste große Rolle in einer Serie. Eigentlich kommt sie vom Theater, war nach dem Studium am Salzburger Mozarteum sechs Jahre Ensemblemitglied am Schauspiel Köln. „Ich durfte viele schöne Sachen hier spielen“, erzählt Burtscher. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr die Zusammenarbeit mit Frank Castorf, „weil er für mich immer für das ultimative Theater stand. Andere sehr persönliche Arbeiten waren ,Iwanow‘ mit Robert Borgmann oder ,Reich des Todes‘ mit Stefan Bachmann.“

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Das Schauspielen hat Burtscher schon als Kind fasziniert. „Da verstehe ich mich selbst bis heute am meisten, beim Spielen, das kann ein erhebendes Gefühl sein“, so die Mimin. „Die Schauspielerei hat mir einen anderen Blick auf mich selbst und die Welt ermöglicht.“

Ein realistisches Berufsziel war das für sie nach der Matura dennoch nicht: „Ich wusste nichts über Schauspielschulen und bin, wie viele andere, erst mal nach Wien und habe Theater-, Film und Medienwissenschaft studiert. Es hat aber kein Jahr gedauert, dann bin ich schon beim Theater gelandet“, erinnert sich Burtscher. „Wenn man in Wien lebt, sieht man, was Theater wirklich ist. Da merkt man auch, dass es ein ganz praktischer Weg sein kann, Schauspielerin zu werden, und nicht nur ein Phantasma.“

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Verheißungsvoll

Diesen Sommer hat Burtscher Köln den Rücken gekehrt und ist nach Berlin gezogen, um dort frei zu arbeiten. Sie gehe mit „leichtem und schwerem Herzen“. Die Kölner seien sehr hilfsbereit und offen: „Am Anfang stand ich öfters bei Rewe an der Kasse und war richtig irritiert. Es kam mir so vor, als würde jeder Kassierer mit mir ein Gespräch anfangen.“ Daran habe sie sich erst gewöhnen müssen. „Aber die Menschen meinen es wirklich nett und das ist auch total schön.“ Berlin ist hingegen eher für einen raueren Charme bekannt: „Da hat es mir schon manchmal die Schuhe ausgezogen, wenn ich beim Bäcker war“, lacht Burtscher. Trotzdem sei Berlin gerade „am verheißungsvollsten für mich. Die Stadt gibt mir einfach die richtigen Impulse.“

Vielleicht ja für die Musik – Burtscher ist in der experimentellen Elektronik-Band Trope Ashes aktiv. Im Mittelpunkt steht jedoch die Schauspielerei. Im September dreht sie für die TV-Reihe „Die Diplomatin“ in Rom und spielt eine Kommissarin. „Ich werde auch ein bisschen Italienisch sprechen. Ich konnte das mal und bekomme das auch wieder hin. Zumindest kann ich so tun, als ob“, so Burtscher schmunzelnd.

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Spätestens im Jänner wird es sie nach Wien verschlagen: Da beginnen am Volkstheater die Proben zu „Ich bin alles“ über eine Großdealerin, Regie führt Charlotte Sprenger. „Das ist ein hochbrisanter Stoff, der viel über Wien in den 80ern und 90ern erzählt und über ein Milieu, aus dem man sonst wenig erfährt.“

Mit der kühl kalkulierenden Alex Eriksson aus „King of Stonks“ hat diese Rolle wenig zu tun: Das Business-Outfit tauscht sie dann gegen Lederkluft.