"Alma" ist wieder einmal gerettet
Von Barbara Beer
Die Sonne scheint in Wiener Neustadt ein bisschen heller als in Wien.
Diesen Eindruck bekommt, wer dieser Tage Paulus Manker trifft. Der streitbare Theatermacher hat in der 42.000-Einwohner-Stadt seinen neuen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt gefunden. "Das Wetter hier ist wie an der Côte d’Azur", behauptet er schmunzelnd. "Immer wenn ich mit Wien telefoniere, ist es dort schiarch, und wir haben Sonnenuntergänge wie in Nizza – ich bin jetzt Niederösterreicher!"
Der Grund für so viel Euphorie hat natürlich mit Zahlen zu tun. Die Niederösterreichische Landesregierung habe sein Stück gerettet, sagt Manker. Nächstes Jahr feiert "Alma" 20. Geburtstag, davor wollte Manker sein Stück nicht aufgeben.
Vor 19 Jahren inszenierte Manker erstmals Joshua Sobols Drama "Alma – A Show Biz ans Ende" über das einst schönste Mädchen Wiens und ihre vielen Liebhaber, Ehemänner und die, die zumindest eins davon gerne gewesen wären.
Wien, Venedig, New York, Lissabon, Prag und Purkersdorf gehören zu den Stationen, an denen das Stück über das Leben der legendären Wiener femme fatale in den vergangenen Jahren haltgemacht hat.
Unten weiterlesen: "Die haben mir das Leben gerettet"
Bilder und Schauplätze: "Alma" im Rückblick
Trotz Publikumszuspruch und Auszeichnungen wie der ROMY: Immer öfter klagte Manker über ausbleibende Förderungen. Und der letzte Spielort, das k.k. Post- und Telegrafenamt am Wiener Börseplatz, steht nicht mehr zur Verfügung.
Im Februar, bei der Geburtstagsgala seiner Mutter Hilde Sochor, traf Manker auf neue Spender für sein Projekt: Den niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll und den Unternehmer Christian Blazek, die einen außergewöhnlichen Spielort vorschlugen: Die gigantische Eisenbahnhalle in Wiener Neustadt.
"In Niederösterreich herrscht ein gewisses Mäzenatentum. Man kümmert sich um die Künstler. Die haben mir das Leben gerettet."
Seit Jahren leer stehend, hat das spektakuläre Bauwerk eine ungewöhnliche Geschichte: 1942 wurde die Halle von Hitler in Serbien erbeutet, in 400 Güterwaggons nach Wiener Neustadt gebracht und hier neu aufgebaut. Sie misst 300 Meter in der Länge, ist 70 Meter breit, 30 Meter hoch und bietet eine Produktionsfläche von 21.000 Quadratmetern. Gerade die richtige Größe für Manker. Und weil er an jedem Spielort einen Bezug zur "Alma"-Geschichte sucht, findet sich auch hier ein passendes dramatisches Detail: Oskar Kokoschka ließ sich in der Militärakademie Wiener Neustadt ausbilden, nachdem Alma ihn verlassen hatte.
Autos zerstört
Nächstes Jahr will Manker hier eine neue Produktion aufziehen, mehr dazu verrät er noch nicht. Derweil sind Manker und seine Fans mit "Alma" ausgelastet. Manche Hardcore-Fans kommen schon seit zehn Jahren, und ihm selbst wird auch nicht langweilig: Schließlich passt sich die Dramaturgie immer wieder den neuen Gegebenheiten an. "Ich würde sofort aufhören, würde mir fad werden. Allein die Eroberung dieses Gebäudes ist ein Genuss."
Der Theatermacher ortet viel Zuspruch von den Wiener Neustädtern. "Die Leute sind begeistert. Selbst die Taxifahrerin, mit der ich gekommen bin, war schon in einem meiner Stücke."
Alles Theater
Der Macher Paulus Manker, geboren 1958 in Wien als Sohn der Schauspielerin Hilde Sochor und des Regisseurs Gustav Manker, ist Schauspieler und Regisseur. Er arbeitete u. a. mit Michael Haneke, Luc Bondy.
Das Stück
„Alma – A Show Biz ans Ende“ von Joshua Sobol zeigt Szenen aus dem Leben von Alma Mahler-Werfel simultan in verschiedenen Zimmern eines Gebäudes.
107.593 Kerzen
32.178 Fackeln
33.000 Flaschen Weisswein
23.000 Flaschen Rotwein
500 Fass Bier
100.000 gebackene Hühnerbügel
100.000 Apfel- und Topfenstrudel