Der Putzfimmel im Weingarten zerstört Lebensräume für Nützlinge
Von Christina Fieber
Die gute Nachricht: Immer mehr Winzer bemühen sich um gesunde, lebendige Böden und Artenvielfalt. Sie bringen Kompost ein, säen ganzjährige Dauerbegrünungen mit blühenden Futter- und Heilpflanzen und setzen Obstbäume. Das durchbricht die Monokultur, schützt vor Erosionen, bietet Nahrung für Insekten und Lebensraum für Vögel und Säugetiere. Außerdem sieht es schön aus. Anderen wiederum erscheint das wilde Wuchern lediglich als Störung ihres Ordnungswahns, das ungezähmte Treiben der Natur als Bedrohung. Stehen die Rebstöcke nicht in Reih und Glied, befreit von Flora und Fauna, fürchtet man Kontrollverlust.
Manche Weinberge sind so akkurat gepflegt wie die Ziergärten von Versailles – nichts wächst, wo es nicht zu wachsen hat. Feldraine werden auf Golfrasen getrimmt, Büsche, Sträucher und Böschungen niedergemäht, gestutzt und gehäckselt, um hemmungslosem Wildwuchs Einhalt zu gebieten. Landschaftspflege wird mit aseptischen Hygienemaßnahmen verwechselt. Sinn ergibt das keinen. So ganz nebenbei zerstört die Ordnungsmanie auch Lebensräume von Nützlingen, die wiederum Schädlinge fressen würden – ein nicht unbedeutender Kollateralnutzen, der den Einsatz von Insektiziden minimieren würde.
Das ist die schlechte Nachricht. Kann man den unkontrollierbaren Putzfimmel nicht einfach im eigenen Haus ausleben und die Landschaft in Ruhe lassen? Oder wie ein geschätzter Winzer gerne sagt: „Man muss die Natur ja nicht verstehen, aber man könnte sie zumindest respektieren.“
Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.