Kolumnen

Recht praktisch: Darf ich von einem Kauf in meiner Wohnung zurücktreten?

Vor Kurzem hat ein Verkäufer direkt bei mir zu Hause angeläutet und mir diverse Produkte gezeigt. Der sehr sympathische Mann hat mir dann eine Digitalkamera für 650 Euro aufgeschwatzt. Erst als der Verkäufer weg war, wurde mir klar, dass die Kamera eigentlich sehr teuer ist und ich sie ja wegen meiner Handykamera auch gar nicht brauche. Jetzt ärgere ich mich sehr über den Kauf. Mein Bruder meint, bei Verkäufen in meiner Wohnung ist es ähnlich wie in Onlineshops – da soll man einfach zurücktreten können. Ich kann das nicht ganz glauben, mir wurde vom Verkäufer diesbezüglich auch nichts gesagt. Können Sie mir hier vielleicht weiterhelfen?

Bettina L., Linz

Liebe Frau L., bei Ihrem Kauf handelt es sich um ein sogenanntes Auswärtsgeschäft. Das liegt vor, wenn ein Unternehmer mit einem Verbraucher einen Vertrag außerhalb der Geschäftsräume abschließt, wobei sowohl Unternehmer als auch Verbraucher persönlich anwesend sein müssen. All das ist in Ihrem Fall gegeben.

Verkäufe in Ihrer Wohnung sind ein typisches Beispiel, der Verkauf hätte aber auch am Arbeitsplatz oder sonst wo stattfinden können, wo der Unternehmer seine Tätigkeit nicht ständig ausübt. Messen und Märkte können allerdings Geschäftsräume sein, wenn sie regelmäßig stattfinden.

Ihr Bruder hat recht. Bei Auswärtsgeschäften haben Sie, ebenso wie im Onlinehandel, das Recht, 14 Tage ohne Angabe von Gründen vom Geschäft zurückzutreten. Der Unternehmer ist verpflichtet, Sie über dieses Recht schriftlich zu informieren und Ihnen sogar ein Muster-Formular für den Rücktritt zur Verfügung zu stellen. Erfolgt das nicht, verlängert sich die Rücktrittsfrist auf bis zu 12 Monate und 14 Tage, bzw. 14 Tage ab dem Zeitpunkt, zu dem Sie über Ihre Rechte informiert werden.  Laut Ihren Angaben haben Sie keinerlei Informationen über dieses Recht vom Unternehmer erhalten, weshalb Ihnen jedenfalls eine längere Frist zusteht.

Um Ihren Rücktritt geltend zu machen, müssen Sie dem Unternehmer eine Rücktrittserklärung zukommen lassen. Diese ist an keine Form gebunden. Sie kann über das Musterformular erfolgen, aber auch formlos schriftlich, zum Beispiel per Mail, oder mündlich. Aus Beweisgründen ist es allerdings empfehlenswert, schriftlich zurückzutreten. Es reicht, wenn die Rücktrittserklärung am letzten Tag der Frist abgeschickt wird.

Anschließend müssen Sie die Ware binnen 14 Tagen nach Ihrer Rücktrittserklärung auf eigene Kosten zurücksenden oder in einem Geschäft zurückzugeben. Dabei reicht es aus, das Produkt innerhalb der Frist abzuschicken. Wurden Sie allerdings über diese Kostentragungspflicht nicht vor Vertragsabschluss informiert, so hat der Unternehmer die Kosten für die Rücksendung selbst zu tragen.

Sie haben außerdem ein Recht darauf, die Ware zu Hause auszuprobieren, also zum Beispiel ein paar Testfotos zu schießen. Eine darüber hinausgehende Benutzung ist grundsätzlich durch Wertersatz auszugleichen. Dieser wäre dann zu leisten, wenn Sie beispielsweise einen Urlaub lang Fotos machen und die Kamera erst danach zurück schicken. Allerdings wurden Sie vorab nicht über Ihr Rücktrittsrecht informiert, daher müssen Sie keinesfalls Wertersatz leisten. 

Fragen an Dr. Maria In der Mauer-Koenne per Mail an rechtpraktisch@kurier.at