Kralicek geht essen: Das Take-away-Essen
Zu den bisher wenig beachteten Auswirkungen der Corona-Krise gehört die exponentiell wachsende Menge an Hausmüll. Sollte mein Haushalt auch nur halbwegs repräsentativ sein, dann ist es erstaunlich, dass die MA 48 angesichts der Müllmassen noch nicht Alarm geschlagen hat. Noch nie jedenfalls habe ich so oft den Mist runtergetragen wie in den vergangenen Wochen. Der Hauptgrund dafür ist, dass ich noch nie so oft gekocht habe wie in diesen seltsamen Zeiten. Machen wir uns nichts vor: Kochen ist ein schmutziges Geschäft, so reinlich der Koch oder die Köchin sonst auch sein mag. Es verunreinigt Töpfe, Pfannen und Teller; diese müssen geputzt, gescheuert oder zumindest in den Geschirrspüler geräumt werden (ich habe auch noch nie so oft den Geschirrspüler ein- und ausgeräumt wie in den letzten Wochen – Spitzengerät, übrigens). Vor allem aber fällt beim Kochen sogenannter Küchenabfall an, der weggeworfen werden muss. Nicht kochen macht es aber auch nicht besser, im Gegenteil. Weil die Wirtshäuser geschlossen sind, kann man das Essen zwar auswärts kaufen, muss es zum Essen aber erst recht wieder nach Hause bringen. Abwaschen muss man hinterher zwar nicht, dafür ist nach jedem Take-away-Menü der Mistkübel voll. Schon allein die enormen Mengen an Verpackungsmaterial, die da anfallen, machen deutlich, dass das keine Dauerlösung sein kann.
Aber Essen „to go“ ist sowieso eine fragwürdige Errungenschaft. Unter anderem führt es dazu, dass viele Werktätige ihre Mittagspause nicht mehr im Beisl ums Eck verbringen, sondern an ihrem Arbeitsplatz, wo sie zwischen zwei Meetings irgendein Curry zu sich nehmen, das der Praktikant vom Asiaten ums Eck geholt hat. Und merken gar nicht, dass sie sich damit selbst um den schönsten Teil des Arbeitstags bringen. Das Take-away-Unwesen trägt aber nicht nur zur Selbstausbeutung bei. Es hat auch einen Job hervorgebracht, der die Schattenseiten der New Economy unschön ans Licht bringt: Die allgegenwärtigen Food-Fahrradboten mit ihren überdimensionierten Rucksäcken und ihren unterentwickelten Arbeitsverträgen sind fahrende Zeichen dafür, dass „Dienstleistungsgesellschaft“ ein Euphemismus ist. Vor drei Wochen habe ich mir trotzdem zum ersten Mal von Mjam eine Pizza liefern lassen; Selbstabholung war damals noch verboten. Zur Strafe hat der Bote die Pizza offenbar senkrecht in seinen überdimensionierten Rucksack gesteckt, sie kam also mit einer gewissen Unwucht bei mir an. Inzwischen darf man Speisen wieder selbst abholen, die entsprechende Verordnung schreibt allerdings vor, dass man diese vorher reserviert haben muss. Lustigerweise gilt das auch für Gastronomiebetriebe, bei denen Reservierung ebenso unüblich wie unsinnig ist, Kebab-Buden zum Beispiel. Als ich unlängst trotzdem versuchte, telefonisch die Bestellung von zwei Hühnerkebabs mit allem (einmal ohne scharf) zu avisieren, bekam ich per SMS folgende Auskunft: „hallo leider haben wir viel Stress deswegen nicht antworten können, kommen Sie vorbei bitte danke“. Vor Ort war dann alles perfekt organisiert, und unter Einhaltung des vorgeschriebenen Sicherheitsabstands bekamen alle die Speisen, die sie wollten. Höchste Zeit, dass die Gasthäuser wieder aufsperren, aber das kann noch dauern. Sicherheitshalber habe ich Müllsäcke gehamstert.