Johannas Fest: Mahlzeiten bilden Gemeinschaften
Von Johanna Zugmann
Heute Abend geht die 15. Vienna Design Week (VDW) zu Ende. Die Veranstaltung ist mit ihren Safaris, Passionswegen, Vorträgen und Diskussionen längst zu einer Institution geworden: herbstlicher Fixpunkt, der zu regelrechten „Völkerwanderungen“ an guter Form und an Innovationen interessierter junger Leute bewegt. Nicht nur die Begegnungen mit neuen Produkten und deren Gestaltern motiviert zu Besuchen einzelner oder auch mehrerer Programmpunkte des neuntägigen Festivals, sondern ebenso die Chance auf Austausch mit dem Publikum.
Die Wirtschaftsagentur Wien (Partner der VDW) gab heuer das sogenannte „White Paper Urban Food“ heraus, in dem aufgezeigt werden soll, wie die Schnittstelle von Gestaltung und Lebensmitteln – gerade auch in Krisenzeiten – zur Zukunftsfähigkeit der Stadt beitragen kann. Die Ideen reichen von urbaner Produktion, über die nachhaltige Nutzung von Ressourcen, bis hin zu neuen Formen der Gastlichkeit.
„Esskulturen haben sich schon immer gewandelt“, weiß die Vorarlberger Food-Trend-Forscherin Hanni Rützler. Die Gründe dafür seien klimatische, soziale, kulturelle, ökonomische, technologische und politische Faktoren. In Europa etwa wachse die Zahl jener Menschen, die die Wahl ihrer Lebensmittel frei von Mangel, Traditionen und sozialen Normen selbst entscheiden könne. Konsumentinnen und Konsumenten unserer Wohlstandsgesellschaften würden aber nach Hilfestellungen bei der Orientierung im unübersichtlichen Angebot und der Befriedigung kulinarischer und sozialer Bedürfnisse suchen, so Rützler.
Aktuelle Food-Trends
– Urban Farming. Lebensmittel aus der Region sind eine Antwort auf die zunehmende Globalisierung und Anonymisierung unserer Nahrung. Dahinter steckt auch der Wunsch, die Lieferwege der Lebensmittel und Getränke, die auf unseren Tischen landen, drastisch zu verkürzen und so einen Beitrag zur Reduktion der -Emissionen zu leisten.
– Zero Waste. Das Umweltbewusstsein wächst und mit ihm das Bemühen, unnötige Verpackungen zu vermeiden. Darüber hinaus macht die ganzheitliche Verwertung von tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln – Stichwort „from Nose to Tail“ und „from Leaf to Root“ Schule.
– Meet Food. Das Bedürfnis, seine Lebensmittel nicht nur zu verbrauchen, sondern auch zu erleben, wächst. Nach der Entfremdung zwischen Produzierenden und Konsumierenden zieht es die Menschen an die Original-Schauplätze, dorthin wo ihre Lebensmittel herkommen. Sie wollen die Produzierenden kennenlernen, schauen, riechen, ausprobieren und mehr über die Herstellung und Verarbeitungsschritte erfahren.
– Meet People. Community-Table-Projekte, das sind kulinarische Veranstaltungen an ungewöhnlichen Austragungsorten (also nicht im Restaurant), bei denen Gäste, die einander großteils nicht kennen, an einer langen Tafel sitzen. Das Versammeln von Produkten, Handwerk und Menschen zeigt die sozial-kommunikative Bedeutung von Essen auf.
Mit anderen Menschen eine Mahlzeit einzunehmen, ist immer mit Kommunikation verbunden.
Miteinander zu essen und zu reden steigert den Genuss und verbindet. Und das ist wohl gerade in unserer digitalisierten Welt mit ihrer zur Versingelung neigenden Gesellschaft ein menschliches Grundbedürfnis!