Auszeichnung für eine unangepasste Schülerin und für EinTracht
Von Heinz Wagner
„Man kann nicht behaupten, dass ... eine pflegeleichte Schülerin und der Traum aller Lehrer*innen ist. Im Gegenteil, sie ist vielmehr eine besondere Herausforderung: offen, direkt und emotional kommunizierte Meinungen...“ So beginnt die Beschreibung der „besonderen Fähigkeiten und Erfolge“ der kürzlich mit der gewichtigen Merkur-Statue ausgezeichneten besten Schülerin der privaten Handelsschulen des Fonds der Wiener Kaufmannschaft, Vienna Business School.
Gute Noten sind zu wenig
Wer immer gegen Ende Mai eine der fast fünf Kilo schweren glänzenden Statuen mit Flügeln bei der feierlichen Gala überreicht bekommt, ist Top-Schülerin oder Top-Schüler. Sehr gute Noten sind zwar Voraussetzung, reichen aber bei Weitem nicht aus. Vielfältige Aktivitäten über die Schule hinaus dürfen in der Liste ebenso wenig fehlen wie vor allem auch soziales Engagement. Und das immerhin in Schulen, deren Ausbildungsschwerpunkt Handel und Wirtschaft ist. Die Rede, pardon Schreibe, ist von den Merkur-Awards der privaten Handelsschulen und -akademien des Fonds der Wiener Kaufmannschaft, genannt Vienna Business School (fünf Standorte in Wien, einer in Mödling).
Treffen
Ausgezeichnet werden jedes Jahr, diesmal schon zum 22. Mal, Projekte sowie einzelne Jugendliche bzw. Lehrkräfte und Absolvent_innen. Nachdem der Kinder-KURIER-Reporter in diesem Jahr die Gala (wegen eines Projekts im Ausland) versäumte, kam’s diese Woche zum Treffen mit der besten Handelsschülerin und einigen aus dem besten Sozialprojekt in der VBS Augarten (Wien-Leopoldstadt).
Am innovativsten: von Mödling bis Estland
Über das in der Kategorie Innovation ausgezeichnete Projekt „virtuelles Europa“ hat der Kinder-KURIER Ende des Vorjahres berichtet. Damals waren Schüler_innen aus Estland, Italien und Griechenland zu Gast in der VBS-Mödling. Gemeinsam erstellen die Jugendlichen der vier Länder Lehrinhalte per App.
Reportage hier unten!
Sehr offen
Laura Wagner (19, trotz gleichen Nachnamens nicht verwandt mit dem Autor dieses Berichts) biegt schwungvoll um die Ecke, strahlendes Lächeln im Gesicht, keine Anspannung, obwohl kurz vor der Abschlussprüfung. In allen drei Handelsschuljahren weist ihr Zeugnis guten Erfolg auf. Mit ihrer Abschlussarbeitsgruppe (Thema „Klimawandel“), die sie leitete, wurde sie neben nur elf anderen Gruppen aus ganz Österreich zum Entrepreneurship-Summit 2018 eingeladen und präsentierte das Projekt u. a. vor dem (damaligen) Bildungsminister.
„Ich bin so erzogen worden, zu sagen, wenn mir was nicht passt und bin sehr, sehr offen“, beginnt sie im Gespräch mit dem Kinder-KURIER über die hier einleitend zitierten Bemerkungen zu sprechen. Ich hab schon als kleines Kind gern und viel mit meinem Opa, einem Universitätsprofessor diskutiert. Ich find diskutieren und Meinungen austauschen extrem cool, das mag ich gerne.“
Knopf aufgegangen
Allerdings konnten und können nicht alle damit umgehen, insbesondere Lehrerinnen und Lehrer dürften damit (immer noch) Probleme haben. „In den früheren Schulen - Volksschule und Gymnasium - fanden es die Lehrerinnen und Lehrer respektlos und mich verhaltensauffällig.“ Das führte zu Demotivation und keinen besonders guten schulischen Leistungen. „Aber hier in der Schule ist mir irgendwie der Knopf aufgegangen und das verdanke ich meinem Klassenvorstand (Daniel Kanatschnig). Der hat sehr positiv auf meine offene Art reagiert, das gefördert, mir immer nur gesagt, ich soll manches vielleicht ein bisschen diplomatischer zum Ausdruck bringen.“
Und siehe da, die Motivation der Schülerin stieg, die Noten verbesserten sich. Und das trotz vielfältiger Aktivitäten in der Freizeit wie Theater spielen, in einem Chor und einer Band singen, Skifahren (auch bewerbsmäßig), Judo und Kickboxen. Vor allem aber engagiert sich Laura Wagner, die nun schon das dritte Jahr aus familiären Gründen selbstständig allein lebt und geringfügig jobt, - oft gemeinsam mit der einen oder anderen Freundin - für Obdachlose und einen Flüchtling aus Syrien.
Hilfe
Letzterem, den sie über einen Bekannten in ihrem Stammcafé kennengelernt hatte, half sie mit einer Freundin beim Deutschlernen ebenso wie bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen, weil er schon früh nach einem Job suchte. „Das mit der Hilfe für Obdachlose hat angefangen als ich so ungefähr 14 war. Da hab ich zum ersten Mal einem Obdachlosen, weil er mir so leidgetan hat, eine Pizza gekauft. Der hat richtig geweint, da hab ich Gänsehaut bekommen. Gemeinsam mit meiner besten Freundin haben wir dann diesem Mann bei der U4 Heiligenstadt immer wieder was gebracht, das wir im Supermarkt gekauft haben.“ Seit besagter Mann nicht mehr zwischen U4-Endstation und Bussen steht, helfen wir anderen obdachlosen. Das könnte immerhin jedem passieren, daran denkt fast niemand.“
An Feier- und Sonntagen arbeitet die baldige Absolventin in einer Bäckerei geringfügig, um neben der finanziellen elterlichen Unterstützung und der Kinderbeihilfe etwas für den Unterhalt ihrer eigenen Wohnung was zu verdienen.
Vielfalt - Ein Tracht
Am "Fenstertag" zwischen Feiertag udn Wochenende trifft der Kinder-KURIER nicht nur die merkur-Handelsschülerin, sondern auch zwei Jugendliche und die Lehrerin vom besten Sozialprojekt, dem Tag der vielfältigen Trachten. Hier unten der Bericht darüber.
Bester HAK‘ler
Für die Handelsakademien kürte die Jury Michael Gustav Baer aus der VBS Schönborngasse zum Student oft he Year. Neben lauter Einsern (Notenschnitt 1,0) und obendrein vorgezogener Reife- und Diplomprüfung in angewandter Mathematik und Wirtschaftsinformatik, vertrat er die Schule bei diversen Veranstaltungen u. a. beim European Youth Parliament Austria. Pädagog_innen und Kolleg_innen beschreiben Baer aus der 5CK HAK-Plus als „irrsinnig klug und sehr hilfsbereit“.
Bestes ökonomisches Projekt
Die Trophäe für das beste wirtschaftliche Projekt ging in die VBS Hamerlingplatz, wo sich die Maturaklassen 5IK und 5EAK mit „Sharing Economy“ und da vor allem mit Plattformen wie Airbnb und Uber beschäftigt hatten. Im Projekt stellten sie Überlegungen an, wie man diese Plattformen weiterentwickeln und dabei innovativ und verantwortungsvoll wirtschaften könnte.
Zum besten Lehrer ...
... wurde Thomas Benesch aus der VBS Floridsdorf gekürt. Mit seinen - bisherigen - 16 akademischen Titeln ging er schon durch praktisch alle Medien. Da er auch viele Veranstaltungen in der Schule organisiert, portraitierte ihn der Kinder-KURIER anlässlich des diesjährigen Events zum π-Tag, siehe Artikel hier unten.
Bester Absolvent
„Graduate of the Year“ wird die/der beste Absolvent/in genannt. Die Wahl fiel in diesem Jahr auf Valentin Stalf, Gründer der Banking-App N26. Er hatte in der Schulzeit die VBS Akademiestraße (innere Stadt) besucht. KURIER-Chefredakteurin hielt die Laudatio und würdigten den herausragenden Unternehmer, der Mut gezeigt hat, seine Vision zu verwirklichen. (Darüber berichtete der KURIER bereits.) Die angesprochene Smartphone-App ist mittlerweile in vielen Ländern erfolgreich vertreten und will nun auch in Wien ein Technologie- und Innovationszentrum eröffnen, wodurch langfristig bis zu 300 Jobs entstehen sollen. Nach seinem Erfolgsgeheimnis gefragt, meinte er bei der Merkur-Verleihung: „Man braucht Drive und Risikofreude, wenn man etwas erreichen will. Ich bin stolz auf unser Team, das jeden Tag alles daransetzt, die Bank der Zukunft zu bauen.“