Jetzt wird Kuchen gegrillt, nicht gebacken
Von Ingrid Teufl
Immer nur Fleisch auf den Rost zu legen, wird auf Dauer ebenso fad, wie als Nachspeise aufgespießte Marshmallows ins Feuer zu halten: In Sachen Süßes geht bei einer der liebsten Freizeitbeschäftigungen eindeutig noch was. Und so ist es nur konsequent, wenn das Trendthema Grillen weiterentwickelt wird und die Grill-Community nun auch süße Desserts über glühender Kohle zubereitet. Positiver Nebeneffekt: Es spielt sich wirklich alles im Freien ab und niemand muss alleine in der Küche Kuchen backen.
Von Muffins bis Germknödel ist alles möglich
Es klingt zwar ungewöhnlich, doch Muffins, Brownies, Tartes und sogar Germknödel lassen sich in der Tat gut am Grill zubereiten. "Manche Aromen, etwa Zimt oder Kardamom entwickeln sich sogar viel intensiver. Vielen ist das gar nicht bewusst", sagt Manuel Weyer im KURIER-Gespräch. Der Koch und Kochbuchautor mit einer Leidenschaft für die Patisserie hat sich nach Jahren in der Spitzengastronomie (u. a. bei Jean Claude Bourgueil und als Leiter von Johann Lafers Kochschule) ganz dem Grillen verschrieben. "Da hat sich in den vergangenen Jahren enorm viel verändert, die Ansprüche sind gestiegen." Nicht nur, was die Ausstattung betrifft. Auch das den Gästen Servierte soll raffiniert und besonders sein.
Direkte und indirekte Hitze
Für die Kreationen des 34-Jährigen braucht man keine spezielle Ausrüstung, noch muss man ein Profi-Koch sein und. Feuerfestes Geschirr und herkömmliche Kuchenformen lassen sich gut nutzen. "Im Grunde braucht man nur das Verständnis für direkte und indirekte Hitze, das benötigt man allerdings ebenso in der Küche."
Zur Erklärung: Der Herd entspricht direkter Hitze. Am Grill liegt das Grillgut unmittelbar über der Hitzequelle. Das erleichtert die Krustenbildung, etwa für Baiserhauben oder mit Zucker karamellisierte Speisen. Indirekte Hitze ist eine Art "Abstrahlhitze" und damit das Äquivalent zum Backrohr – beim Grillen kommt das Grillgut meist seitlich versetzt auf den Rost. Weyer nutzt diese Technik für längere Grillzeiten bei Muffins, Tartes oder Aufläufen. "Bei den meisten Rezepten ist aber eine Mischung aus direkter und indirekter Hitze ideal."
Resthitze nutzen
Ein weiterer Vorteil: Die Resthitze lässt sich gut für Süßes nutzen. "Besonders bei einem Holzkohlegrill ist das ein Mehrwert." Da kommt auch Manuel Weyer nicht am Kinder-Grillklassiker Marshmallows vorbei: Er interpretiert sie als Fondue mit einem Granatapfelsud. "Das ist Süßes für zwischendurch, schnell und trotzdem mit Effekt." Positives Feedback ist da garantiert. Ob sich nun männliche Grillmeister auf ungewohntes Terrain begeben oder Frauen den Kuchen statt im Ofen mit dem Gartengrill machen: "Süßes Grillen regt den Erfindergeist an. Bei den Gästen auf jeden Fall ein Held."
Zutaten: Für die Tarte 100 g Butter, 6 Eigelb, 150 g heller Rohrzucker, Schale von 3 Bio-Zitronen gerieben, Saft von 1 Bio-Zitrone, 100 ml Limoncello, 1 Msp. gemahlener Kardamom, 200 g Doppelrahm-
Frischkäse, 300 g Topfen (40%), 4 EL Speisestärke. Für das Baiser: 3 Eiweiß, 50 g Zucker, 25 g Vanillezucker, abgeriebene Schale von 1 Bio-Zitrone
Zubereitung: Den Grill (mit Deckel, 160 bis 180°C) für niedrige bis mittlere indirekte Hitze vorbereiten. Für die Tarte Butter am Rand des Grills schmelzen (Grill-Kochgeschirr). Rand einer Tarte- oder Springform damit bestreichen. Boden mit Backpapier auslegen. Eigelb, Zucker, Zitronenschale und den -saft, Limoncello, Kardamom gut verrühren. Frischkäse, Topfen, Speisestärke und übrige geschmolzene Butter gründlich unterrühren. In der Form bei indirekter Hitze mit geschlossenem Deckel 35 bis 40 Minuten grillen.
Für das Baiser Eiweiß steif schlagen, Zucker und Vanillezucker einrieseln lassen. Grill (mit Deckel, etwa 250°C) für hohe indirekte Hitze vorbereiten. Eischaum auf die Tarte streichen, 3 bis 4 Minuten mit Deckel fertig grillen, mit der Zitronenschale bestreuen.