Wissen/Gesundheit

Wie Tanzen die Fitness von Herz und Hirn fördert

Der deutsche Molekularbiologe Konrad Bayreuther, 77, ist einer der weltweit führenden Alzheimerforscher. Er wird oft gefragt, wie man sein Gehirn lange fit halten könne. Wenig überraschend plädiert er für einen aktiven Lebensstil, ausreichend Schlaf, viele pflanzliche Lebensmittel. Was er auch sagt: „Die beste aller Freizeitaktivitäten ist tanzen: Sie hören Musik, bewegen sich und reden dabei noch. Das fordert ihr Gehirn.“

Eine bessere Aussage könnten sich die österreichischen Tanzschulen für ihre neue Initiative „Tanzen hält gesund“ gar nicht wünschen: Ausgehend von einer Aktion in Tirol wollen die österreichischen Tanzschulen verstärkt auf die gesundheitsfördernde Wirkung des Tanzens hinweisen.

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Wer tanzt, aktiviere und nütze nahezu sein ganzes geistiges Netzwerk, sagt Thomas Berger, Leiter der Uni-Klinik für Neurologie der MedUni Wien. Diese Kombination aus geistiger Beanspruchung, dem Training von Kraft, Ausdauer und Koordination sowie die soziale Interaktion mache es aus: „Beim Tanzen sind wir echte ,Multi-Tasker‘, indem wir uns verschiedensten Aktivitäten und Handlungen gleichzeitig widmen und diese zu einer ,Performance‘ vereinen.“

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In einer Alzheimer-Präventionsstudie bei Patienten mit leichter geistiger Beeinträchtigung schnitt Tanzen am besten ab – weil dabei körperliche Aktivität mit räumlichen Orientierungsaufgaben verbunden wird. Und auch laut einer Studie des Magdeburger Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen hat Tanzen auf ältere Menschen noch günstigere Auswirkungen als verschiedene Sportarten. Welcher Tanz es ist, sei dabei nicht so wichtig: Wichtig sei nur, nicht immer den gleichen Tanzschritt zu machen.

Sturzgefahr sinkt

Tanzen hat aber positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System: Regelmäßige Tänzer haben – im Vergleich zu altersgleichen Nicht-Tänzern – eine bessere Herz-Kreislauf-Fitness, ein besseres Gleichgewichtsvermögen, mehr Kraft im Rumpf und eine bessere Einlagerung von Mineralstoffen in die Knochen, sagt Wolfgang Schobersberger (Institut für Sport-, Alpinmedizin & Gesundheitstourismus der Tirol Kliniken Innsbruck und der Privatuniversität UMIT in Hall). „Auch die Sturzgefahr bei älteren Menschen reduziert sich.“

Sehr viel Spaß

Schon jetzt gibt es mehrere Initiativen, wo die positiven Effekte des Gesellschaftstanzes für Menschen mit bestimmten Erkrankungen genützt werden: Die Tanzschule Svabek in Wien etwa bietet den Kurs „Tanzspaß trotz Parkinson“ an. „Bei uns geht es etwas langsamer zu als sonst, aber wir haben immer sehr viel Spaß“, erzählt eine Teilnehmerin.

Die Österreichische Rheumaliga (ÖRL) hat mit dem Tanzprofi Gerhard Egger das Konzept für die Initiative „Rheuma bewegt – der Tanzsalon“ entwickelt – in den vergangenen Jahren gab es jährlich mehrere dieser Veranstaltungen: „Man vergisst beim Tanzen den Schmerz und merkt – wenn man es regelmäßig macht – auch dauerhafte positive Effekte“, sagt ÖRL-Präsidentin Gertraud Schaffer. Im Wiener „Haus der Barmherzigkeit“ (Standort Tokiostraße) wiederum findet einmal im Monat ein therapeutisches Demenz-Tanzcafé statt. Die Wiener Tanzschule Elmayer unterstützt das Projekt.

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Die Psychologin Cynthia Quiroga Murcia konnte nachweisen, dass nach einer 20-minütigen Tangoeinheit die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Speichel deutlich geringer war – gleichzeitig stieg bei beiden Tanzpartnern das Sexualhormon Testosteron an.

Manche Forscher bezeichnen Tanzen mittlerweile etwas nüchtern als „Vier-L-Sport“ – weil er Lachen, Lieben, Laufen und Lernen vereint.