Wissen/Gesundheit

Warnung vor Ärztemangel: Jeder dritte Arzt älter als 55 Jahre

Die Österreichische Ärztekammer warnt neuerlich vor einem drohenden Ärztemangel - Anlass dafür ist die neue Ärztestatistik, die Dienstagvormittag in Wien präsentiert wurde: "Wir haben ein eklatantes Nachwuchsproblem", sagte der österreichische Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres. Lediglich 18,9 Prozent der Ärzte seien unter 35 Jahre alt. "Hingegen sind 29,7 Prozent jenseits der 55 Jahre und werden in den nächsten Jahren in Pension gehen", so Szekeres.

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Aus den 14.581 Ärzten, die in den nächsten zehn Jahren das Pensionsalter überschreiten werden, ergebe sich ein jährlicher Nachbesetzungsbedarf von 1.458 Stellen im Jahr, alleine, "um eine Aufrechterhaltung des Status-quo der Kopfzahl zu gewährleisten". Der Nachwuchs reiche für den errechneten Nachbesetzungsbedarf abre bei Weitem nicht aus. Und dabei sei noch nicht berücksichtigt, dass etwa Frauen typischerweise sogar noch früher das Pensionsalter erreichen.

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Szekeres: "Früher war es einfach undenkbar, dass eine Kassenstelle mehrfach ausgeschrieben werden musste, was heute fast an der Tagesordnung ist."

Für Besorgnis sorge aber auch eine weitere Entwicklung: "Während die Zahl der Kassenärzte stagniert, in einigen Bereichen sogar sinkt, steigt die Zahl der Wahlärzte deutlich an. Die Schere ist hier schon vor knapp zehn Jahren aufgegangen und dieser Trend setzt sich fort."

Mehr Einwohner, weniger Kassenstellen

Verschärft werde die Situation dadurch, dass in den vergangenen zehn Jahren die Einwohnerzahl von Österreich um rund 510.000 auf 8,82 Millionen gestiegen sei. "In Wien ist die Einwohnerzahl in den letzten acht Jahren um 200.000 gestiegen." Allerdings: "In dieser Zeit ist die Anzahl der Kassenstellen in Wien und in ganz Österreich nicht nur nicht mitgewachsen, sondern sogar gesunken. In Wien gibt es im Vergleich zu damals heute 71 Hausärzte weniger."

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Die Ärztekammer habe "a priori nichts gegen das duale System mit Wahlärzten und Kassenärzten, weil es den Wünschen der Patienten entspricht", das sei ein gutes System."Mit Sorge sehen wir aber, dass immer mehr Österreicher sich gezwungen sehen, Geld in die Hand zu nehmen, um überhaupt in einem angemessenen Zeitraum zu einer ausführlichen Gesundheitsversorgung zu gelangen. Immer mehr Menschen, die es sich eigentlich nicht so einfach leisten könnten, bezahlen medizinische Leistungen aus der eigenen Tasche."

Immer weniger Zeit

Das bedeute aber, dass die Strukturen der solidarischen Gesundheitsversorgung "nicht mehr den Ansprüchen der Bevölkerung entsprechen". Kassenärztinnen und -ärzte hätten immer weniger Zeit für ihre Patienten, Leistungen würden weniger: "Dass das Sozialversicherungsmodell und damit die solidarische Gesundheitsversorgung im Vergleich zum privaten Sektor immer merh an Boden verlieren, ist eine Entwicklung, der es entgegenzuwirken gilt."

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Denn sonst bestehe die Gefahr, dass die Sozialversicherungen in eine Negativspirale geraten und am Ende eine Zweiklassenmedizin stehe, "in der die Krankenkassen nur noch das Minimum für die Allerärmsten abecken." Hier bedürfe es dringender Investitionen, "wie etwa dre immer wieder zugesagten Patientenmilliarde, die unbedingt rasch ins Gesundheitssystem fließen muss."

Wien will ausbauen

Zuletzt hatte die Stadt Wien angekündigt, dass die Zahl der niedergelassenen Ärzte in der Bundeshauptstadt bis 2025 um 407 aufgestockt werden soll. Das Fach Allgemeinmedizin soll attraktiver gestaltet werden. Insgesamt nehmen die Stadt Wien und die WGKK in den kommenden Jahren zustätzlich 400.000 Euro für diese Maßnahmen in die Hand. Das gaben vor Kurzem Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) und WGKK-Obfrau Ingrid Reischl bekannt.

Szekeres begrüßt dieses Vorhaben grundsätzlich, sorgt sich aber um die Finanzierung - vor dem Hintergrund, dass gerade die WGKK ständig rote Zahlen schreiben würde.

 

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