Die Zukunft des Essens: Das sind die neuen Food-Trends
Von Ingrid Teufl
Jetzt also der „Donug“: Ein großer Chicken-Nugget in Bagels-Form, paniert mit Cornflakes und frittiert. Auch wenn er derzeit nur im australischen Melbourne erhältlich ist, wird er Dank sozialer Medien immer bekannter – ein neuer Fastfood-Trend ist geboren (mehr dazu hier).Für Trend-Forscherin Hanni Rützler reiht sich der Donug in die Kategorie Trendphänomen. „Solche Phänomene kommen und gehen. Man muss schauen, was dahintersteckt.“ Das tut sie aktuell im neuen „Foodreport 2019“ des Zukunftsinstituts.
Mit wechselnden Trends werden wir spätestens seit der Jahrtausendwende überflutet, ausgehend vom anglo-amerikanischen Raum. Rützler sieht das als Phänomen von Wohlstandsgesellschaften. „Trends gedeihen erst in gesättigten Märkten, in denen nicht der Mangel bestimmend ist, sondern der Überfluss Suchbewegungen auslöst.“ Sei es nach Orientierung im unübersichtlichen Angebot oder als Problemlösung.
Wenn es um Essen und Trinken geht, sind Medien, Food-Blogger, aber auch Konsumenten schnell mit dem Wörtchen „Trend“ zur Stelle.
Länger dauernde Prozesse
Ein falscher Zugang, findet Rützler. „Trends sind immer Prozesse, die sieben bis 15 Jahre dauern und keine kurzen Phänomene.“ Der Blick auf bestimmte Lebensmittel und Produkte verneble die Sicht auf grundlegende Veränderungen, die letztlich alle betreffen. „Trends spiegeln Wandel wider und sind Ausdruck von Wünschen.“
Das bedingt, dass der Food-Sektor dynamisch und permanent in Bewegung ist. „Food-Trends sind nicht statisch, viele sind nach wie vor lebendig und entwickeln sich weiter oder differenzieren sich aus.“ Und manchmal überholt die Praxis Theorie und Trendforschung. Bestes Beispiel dafür ist der Wechsel von Fleisch zu Gemüse. „Da haben wir uns alle verschätzt, der Wandel ging schneller als gedacht.“
Trend 1: Plant Based Food - mehr als nur Gemüse
Wer an tierfreie Nahrung denkt, hat unweigerlich Gemüse oder Obst im Kopf. Doch das Feld ist viel größer und aus dieser Weiterentwicklung hat sich der Begriff Plant Based Food entwickelt. „Er steht um die gesamte Vielfalt – unter pflanzenbasierter Nahrung versteht man auch Nüsse, Samen und Algen.
Und auch pflanzliche Eiweißquellen wie Hülsenfrüchte haben in den vergangenen Jahren eine neue Wertschätzung erfahren“, erklärt Hanni Rützler. „Pflanzen sind die neuen Stars am Teller – und da kommt noch viel mehr.“ Ihre Prognose: „Die Rolle von pflanzlichen Produkten wird auch künftig weiter wachsen.“ Das heißt nicht, dass es kein Fleisch mehr gibt. „Fleisch oder Fisch stellen eher eine willkommene Beilage am Teller dar.“
Trend 2: Transparency - Wissen, wo das Essen herkommt
Produktionsbedingungen, Schadstoffe oder Zusatz- und Konservierungsstoffe und Lebensmittelskandale – viele Konsumenten sind heute verunsichert. Transparency beschreibt das wachsende Bedürfnis nach mehr Information. Konsumenten wollen genauer wissen, was sie essen und wo ihre Lebensmittel herkommen. „Das Interesse an sicheren Lebensmitteln und die Sorge um deren Herkunft hat sich zu einem Dauerthema unserer Esskultur entwickelt“, sagt Rützler.
Lokale Lebensmittelproduzenten und junge Start-up-Unternehmen haben Aufschwung – sie können diese Bedürfnisse besser als Konzerne befriedigen. „Den Produzenten über die Schulter schauen zu können, fördert auch eine emotionale Bindung zum Produkt.“
Trend 3: Healthy Hedonism - Zwischen Genuss und Gesundheit
Das Spannungsfeld Genuss und Gesundheit gehören zusammen, auch wenn sich die beiden auf den ersten Blick ausschließen. „Man kann nicht gegen den Genuss agieren“, betont Hanni Rützler. Ob in Restaurants, beim Einkaufen oder am eigenen Herd: Gesundheit ist unbestritten einer der Mega-Trends unserer Zeit. Doch der Zugang wandelt sich.
Statt grantig Gemüsesticks zu knabbern, beschreibt der aktuelle Trend Healthy Hedonism die neue Freude am Essen. Der zeigt sich in vielen kleinen Mosaiksteinen: Streetfood-Events und Wochenmärkte werden vom Publikum gestürmt, zuhause kochen auch junge Menschen mit Hingabe und immer öfter werden vegane Milchalternativen oder Superfoods ausprobiert.
Trend 4: The New French - die Renaissance der französischen Küche
Die französische Küche – die Haute Cuisine – hat Europa und die Welt geprägt, war über Jahrhunderte tonangebend und ist Basis jeder guten Kochausbildung. Doch in den vergangenen 20 Jahren schafften es andere in den Trend-Olymp, etwa die spanische oder die nordische Küche nach der Jahrtausendwende. „Die französische Küche war zu sehr in sich abgeschlossen, zu wenig experimentierfreudig“, analysiert Hanni Rützler.
„Zwischen Haute Cuisine und Bistro-Küche lagen tiefe Gräben.“ Mit dem New French ändert sich das nun. „Die französische Küche ist wilder geworden, das Konzept der sogenannten Bistronomy-Kultur geht auf. Sie ist weltoffener und integriert neue Elemente, besinnt sich aber trotzdem ihrer Wurzeln.“