Warum Porridge?
Von Anita Kattinger
"Doing Porridge" – also frei übersetzt "im Porridge sitzen" steht in England für einen Aufenthalt im Häfen. Ein charmanter Seitenhieb auf das frühere karge, britische Gefängnis-Essen. Bevor trendige Wiener Restaurants Porridge für sich entdeckten, galt Haferschleim bzw. Haferbrei als wenig sexy. Genau genommen sogar als nährstoffreiche Schonkost bei Durchfall, um den Flüssigkeitsbedarf des Körpers auszugleichen.
Zwar denken Österreicher bei Haferbrei zuerst an Frühstück, dabei eignet sich dieser durchaus als salzige Beilage bei Fleischgerichten. Die historischen Wurzeln für Porridge bzw. Haferbrei liegen in Großbritannien, Nord-Europa und Russland. Spuren von Haferbrei fanden Forscher sogar in Mägen von 5000 Jahre alten, natürlich mumifizierten Körpern.Ähnlich wie in den österreichischen Sterz-Regionen haben früher die Briten einen Löffel voll mit Brei in einen tiefen Teller mit Milch getaucht. In Schottland steht Porridge für ein sättigendes, warmes Frühstück der Arbeiterklasse, das durchaus auch zu Mittag aufgetischt wurde. Hafer überzeugt nämlich durch einen hohen Eiweißgehalt (12 Prozent) und enthält zahlreiche Mineralstoffe wie Kalium, Magnesium und Eisen.
Der KURIER begab sich auf Spurensuche und wollte von den Top-Köchen Peter Fallnbügl, Manuel Repnig und Martin Nuart wissen, ob der Hype um Haferschleim überhaupt gerechtfertigt ist.
Peter Fallnbügl, Küchenchef im Szene-Hotspot Heuer am Karlsplatz, lernte die klassisch schottische Zubereitung von Porridge bei seiner Ausbildung in England kennen und lieben: "Der große Unterschied zu Haferschleim ist, dass die groben Haferflocken tatsächlich nur mit Wasser und Salz aufgekocht werden und dann quellen." Fallnbügl bereitet jede Portion à la minute zu: "Von einem genauen Mengenverhältnis von Wasser und Flocken halte ich nichts. Ich bereite jede Portion nach Gefühl zu. Wenn der Brei zu dick gerät, kann man ihn nach dem Quellen mit Wasser ein bisschen strecken." Derzeit steht auch eine kleine Abwandlung mit geschrotetem Dinkel, Grünkern und ganzen Chiasamen auf seiner Karte.
Dass ein simpler Porridge von den Gästen derart gut angenommen wird, hatte sich Manuel Repnig, Küchenchef im Ulrich nicht erwartet: "Mein Souschef und die Ehefrau des Chefs kommen aus England, daher gab es gleich zu Beginn die Überlegung, den englischen Frühstücksklassiker auf die Karte zu setzen. Kalt oder warm, theoretisch auch in pikanter Version, allerdings hat das bisher noch nie jemand verlangt." Repnig bereitet diesen im Verhältnis eine Tasse Haferflocken, eine Tasse Wasser, eine Tasse Milch zu. Aufgepeppt mit Honig und Birnenpüree.
Der eben mit einer Haube gekrönte Martin Nuart, Küchenchef in der Clementine im Glashaus, wählt eine dritte Variante: "Ich koche ihn mit frischer Milch auf – nur mit Milch und Zucker." Serviert wird das Gericht mit einer Minibanane und Matcha. Gegen Hafermark hat sich Nuart wegen der längeren Haltbarkeit von Flocken entschieden. "Ich esse selber gerne Haferbrei und meine Gäste haben ihn auch sofort angenommen. Es war überhaupt keine Entscheidung gegen Polenta oder andere Getreidesorten: Ich hab auch Frigga, also Polentabrei mit Speck, und einen Buchweizen-Sterz mit Himbeeren auf der Frühstückskarte stehen."
Den Vorteil von Porridge sieht Fallnbügl in der Verträglichkeit: "Ich bin in England selber auf den Geschmack gekommen. Gerade in der Gastronomie fehlt die Zeit für ein ordentliches Essen. Fünf Löffel Porridge und das Rad rennt den halben Tag."