Woher der Name Eiskasten kommt
Von Ingrid Teufl
Kaum jemand kennt das Linde-Verfahren – aber praktisch jeder in der westlichen Welt nutzt es. Und zwar rund um die Uhr. Ohne Linde-Verfahren wäre der Begriff "Erfrischungsgetränk" kaum so stark in unseren Sprachgebrauch eingezogen. Und Cola oder sonstige Limonaden würden wohl ganz anders schmecken.
Es geht, Sie ahnen es schon, um den Kühlschrank. Die Entwicklung dieses heute so alltäglichen wie unverzichtbaren Küchenutensils revolutionierte den Alltag wie kaum ein anderes Haushaltsgerät. "Dadurch hat sich das Leben der Menschen enorm verändert", sagt Roswitha Muttenthaler, die im Technischen Museum Wien für den Bereich Haushaltstechnik zuständig ist.
Im Winter wurde das Eis händisch geschnitten
Abnehmer gab es genug und die Lieferanten, "Eismänner" genannt, waren ab dem 19. Jahrhundert ein weit verbreiteter Beruf. Kühlung war unter anderem in der Fleischverarbeitung nötig oder bei der Bierproduktion. In vielen städtischen Haushalten behalf man sich mit "Eiskästen", um verderbliche Lebensmittel länger frisch zu halten. In ein Fach in den robusten, dickwandigen und meist mit Zink verkleideten Kästchen wurde eine Stange Eis eingeschoben, die wöchentlich geliefert wurde.
Bis in die 1950er-Jahre war Kühlen ein Luxus
Carl von Linde interessierte dies wohl weniger, er war schon als junger Mann von der technischen Kälteproduktion fasziniert. Seine erste "Kältemaschine" baute er mit 29. Das Prinzip dahinter – das eingangs erwähnte Linde-Verfahren zur Luftverflüssigung – ließ er sich 1895 patentieren: Beim Verdampfen nehmen Flüssigkeiten Wärme aus der Umgebung auf. Verflüssigt sich der Dampf, wird die Wärme wieder abgegeben. Bei den heute üblichen Kompressionskühlschränken wird ein Kühlmittel (Ammoniak, weil er bereits bei niedrigen Temperaturen verdampft; heute u. a. FCKW-freie fluorierte Kohlenwasserstoffe) durch Metallröhren gepumpt. Den Antrieb liefert ein elektrisch betriebener Kompressor. Das Kühlmittel nimmt die Wärme im Innenraum beim Verdampfen auf, verflüssigt sich wieder und gibt sie über die Rückseite des Kühlschranks ab.
Dieses Prinzip ist den meisten egal. Gut Gekühltes muss der Kühlschrank liefern, besonders an heißen Sommertagen. Bis in die 1950er-Jahre war dies für den Großteil der Bevölkerung hierzulande ein absoluter Luxus. "Man musste sich das erst einmal leisten können", sagt Roswitha Muttenthaler. Erst in den 1960er-Jahren wurden elektrisch betriebene Kühlschränke durch nun mögliche Massenproduktion erschwinglich und die Küchen wurden flächendeckend damit ausgestattet. 1960 kostete etwa ein Bosch-Kühlschrank nur mehr rund 40 Prozent des Preises von 1951.
Je mehr Lebensmittel, desto größer die Kühlschränke
Mehr noch – je mehr Auswahl an Lebensmitteln es gab, desto größer wurden die Kühlschränke und umgekehrt. Die Möglichkeit des Kühlens und Lagerns veränderte das Konservierungsverhalten nachhaltig. "Kühlschränke ermöglichten eine neue Vorratshaltung und auch einen Ernährungswandel", sagt Muttenthaler. Abgesehen davon: Wer weiß, ob heutige Trend-Limonaden schmecken würden, hätte sich die Kältemaschine mit dem Linde-Verfahren nicht durchgesetzt.