Der verrückteste Kebap-Stand Wiens hat eröffnet
Von Anita Kattinger
"Frisches Kebapfleisch muss die Farbe von Naomi Campbell haben", Ünal Yildirim grinst bei seinem Sager. Der deutsche Koch geht laut dem jungen Stammpublikum selbst als Model durch und vermarktet gekonnt den neueröffneten Kebap-Stand Auszeit in Wien-Mariahilf. Als vor einigen Monaten sein Freund David Immanuel Karagesjan anrief und ihn fragte, ob er seinen Posten als Koch in einem türkischen Restaurant in Paderborn an den Nagel hängen wolle, gab es kein Halten. "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt."
Nicht nur die Lage gegenüber einer Schule sorgt für klingelnde Kassen. Hinter dem Phänomen steht ein ausgeklügeltes Marketing-Konzept von Karagesjan, der nicht nur auf Instagram setzt. Der Jungunternehmer mit österreichischen und armenischen Wurzeln startete sogar mit einer Modelinie sowie einem Boxclub, um den Kebap-Stand Auszeit breitenwirksam zu vermarkten.
Und dass ein Rapper vor Kurzem das ganze Viertel mit, sagen wir einmal, seiner Erscheinung lahmlegte und sogar die Polizei auf den Plan rief, taugt ebenso zum Ausbau des Rufs unter Kebap-hungrigen Teenagern. Verkauft wird das kulinarische Konzept freilich unter dem Motto "Bau dir das Kebap so, wie Du willst".
Passiert das nicht bei jedem Kebap-Stand sowieso? "Nein, wir bieten zwei verschiedene Brötchen an, darunter eine Vollkorn-Variante, die sehr beliebt ist. Wer das Kebap in der Box isst, kann zudem zwischen Reis und Pommes wählen. Außerdem machen wir sieben Saucen selbst: Welcher Kebap-Stand macht schon seine Saucen selbst? Und wir sparen nicht am Produkt und haben eine deutlich bessere Qualität als die Konkurrenz. Wir wollten weg vom 08/15-Kebap", kontert Karagesjan im Interview mit dem KURIER.
Yildirim muss lächeln: Die Qualität der Wiener Kebap-Stände sei mit jenen in Deutschland überhaupt nicht vergleichbar. Wo er das beste Kebap in Wien gegessen hat? "In einem kleinen Eck-Lokal im 10. Bezirk", den Namen hat er sich nicht gemerkt.
Woran man ein frisches Kebap erkennt
Das Fleisch für die Kebaps bezieht das Duo aus der Steiermark: "Wir haben lange mit dem Lieferanten getüftelt, welche Marmorierung wir bevorzugen und wie genau die Gewürzmischung zusammengesetzt sein soll. Beim Hühnerfleisch waren uns Paprika und orientalische Gewürze wichtig, beim Kalb sollte das Fleisch für sich stehen – hier haben wir uns für klassische Gewürze wie Pfeffer und Knoblauch entschieden. Auch beim Gemüse, die große Ausnahme ist die Avocado, achten wir auch auf regionale Zutaten."
Woran man ein gutes Kebap erkennt? Yildirim: "Neben der goldbraunen Farbe muss das Fleisch saftig sein: Es soll auch tropfen. Das Gewebe muss nachgeben, es darf sich nicht wie Gummi anfühlen." Tipp: "Das Fleisch darf nicht nach Fleisch riechen."
Das Konzept geht auf: Mittlerweile setzt der kleine Kebapstand bis zu 1,5 Tonnen Fleisch im Monat ab. Und der erst 28-jährige Karagesjan führt bereits Gespräche mit einem großen Wiener Einkaufszentrum über einen zweiten Standort. Nötiges Kapital für die Expansion verschafft ihm sein Lebensmittel-Handel Lion Trade, der Getreide, Hühnerfleisch und vor allem Rindfleisch nach Quatar, Marokko oder Turkmenistan exportiert. "Wir sehen Potenzial in der Systemgastronomie: Der Plan ist aus der Auszeit eine Kette zu machen. Die Marke soll für Qualität, Geschmack und Hygiene stehen."
Was dem Start-up-Gründer noch so taugt am Kebap-Stand: "Am Stand kommen die Leute zam': Bereits in der Früh chillen die Schüler hier." Und den Wiener Schmäh versteht der deutsche Chefkoch mittlerweile? Yildirim antwortet: "Den was?"
Info: Auszeit, Mollardgasse 74, 1060 Wien, Montag bis Freitag 8:30 bis 22 Uhr, Samstag 10 bis 22 Uhr