30 Sekunden: Warum die neuen Koch-Videos süchtig machen
Von Anita Kattinger
31 Sekunden dauert die Zubereitung des "Ice Cream Bread", im Hintergrund tönt eine eingängige Melodie der Kategorie Kaufhaus-Musik, am Ende eine Männer-Stimme im Off "Oh, yes". Der Unterschied zu bisherigen Formaten: Die neue digitale Kochschule der ein Jahr alten BuzzFeed-Marke Tasty dauert in der Regel nur 30 Sekunden, der Zuseher sieht die komplette Zubereitung des Gerichts im Schnelldurchlauf, Moderatoren braucht es keine mehr.
Die kurzen Koch-Videos sind der Renner in den sozialen Netzwerken – 50 Millionen Likes auf Facebook. Alleine der youtube-Kanal von Tasty wurde mehr als 17 Millionen Mal aufgerufen. Die tatsächlichen "Views" liegen viel höher, seit Facebook ein automatisches Abspielen der kleinen Clips veranlasste. Und seitdem kennt die Facebook-Gemeinde die digitale Kochschule aus ihrer Timeline. Psychologin Natalia Ölsböck, Expertin für Stress- und Selbstmanagement: "Die neuen Koch-Videos passen sehr gut in unsere Zeit. Sie sind leichte Kost, man muss sich nicht darauf einlassen. Man lässt sich berieseln und entspannt zwischendurch. Heuzutage können und wollen sich viele gar nicht mehr die Zeit für umfangreiche Rezepte nehmen. Die Videos sprechen alle Sinne an."
Wir haben uns an Kochshows satt gesehen
Die Geschichte von Kochsendungen nahm in den USA ihren Anfang: 13 Jahre nach der ersten im Radio, strahlte die BBC die erste TV-Kochsendung aus. Marcel Boulestin unterrichtete am 21. Jänner 1937 die Briten über die richtige Zubereitung eines Omelettes als Teil eines fünfgängigen Menüs. Es sollten fast zwei Jahrzehnte vergehen, bis die Österreicher vom ORF und Österreichs erstem Fernsehkoch Franz Ruhm eingekocht wurden. Die Jahre vergingen, das Format entwickelte sich und verlagerte sich sogar ins Internet, stets blieben aber Moderatoren und Köche im Mittelpunkt. Vitouch: "TV-Kochshows haben einen wirklichen Unterhaltungswert. Die kurzen Clips sind hingegen eine Reduktion und beschränken sich auf das Wesentliche: kochen. Man sieht sich das Video zu Hause zwei- oder dreimal an und kocht es dann wirklich nach."