Leben/Reise

Essen und viel "sim": Guido Tartarottis Reise-Notizen über die Algarve

Portugal hat zwei große Vorteile. Erstens: das Land. Das ist gefüllt mit bemerkenswert schöner Landschaft, tollen Stränden, markanten Hügeln, alten Städten und einigen ausgesucht fotogenen mittelalterlichen Klöstern.

Zweitens: In der Landschaft stehen besonders nette Menschen herum, die sogenannten Portugiesen. Die sind, und da kann man als Österreicher im Urlaub etwas lernen, extrem höflich, sie verwechseln Freundlichkeit nicht mit Aufdringlichkeit, und Respekt nicht mit Kälte.

Sie lieben Fußball und gutes Essen und sprechen eine merkwürdige Sprache, sind also gar nicht so anders als wir.

Portugiesisch klingt immer so, als spreche jemand mit Weichspüler im Mund, jedes Wort hört sich an wie „Raischflaisch“, wobei man, um wirklich authentisch zu klingen, am Ende immer ein U anfügen muss: Raischflaischu.

Am Beginn unserer Reise steht auch ein kleiner Sprachkurs: Das wichtigste Wort in Portugal ist, so lernen wir, „sim“, das heißt „ja“ (haben wir schon erwähnt, dass die Portugiesen höflich sind?). Man spricht es aus wie „sing“, mit einem angedeuteten „ng“ am Ende, wobei eine akute Nasennebenhöhlen-Infektion und eine am Gaumen klebende Zungenspitze der korrekten Aussprache entgegenkommen. „Não“ heißt „Nein“, das ist seltener zu hören und klingt fast wie Steirisch: „Nau“ (wer will, kann hier am Ende ebenfalls die Ahnung eines „ng“ anfügen).

Reiseangebote
Reiseveranstalter bieten im Herbst u. a. folgende Pauschalreisen an:
Fischer Reisen: „Portugal – Land der großen Entdecker“, 10 Tage ab 1.670 €
Kneissl Touristik: „Portugal von Nord bis Süd“, Termine: 2.10.–9.10. und 23.10.–30.10. 2021, ab Wien 1.450 €
Ruefa: „Traumhafter Herbst in Portugal“: 26.9.–3.10., Flug mit LH via Frankfurt nach Faro (550 € p. P.,); im 4*-Hotel Vila Gale Lagos  (583 € p. P. im DZ/ Meerblick/Frühstück) oder im 5*-Vila Vita Parc (1.051 € p. P. im Deluxe Garden View/ Frühstück)

Brot heißt „pão“ und wird, richtig, „paung“ ausgesprochen. Wer dagegen „pau“ sagt, meint auch „pau“, und das bedeutet Stock. Beim Bestellen heißt es also, vorsichtig zu sein. „Caro“ heißt teuer und klingt wie „karu“, „carro“ heißt Auto und klingt auch wie „karu“. Man darf sich also nicht wundern, wenn man beim Feilschen am Markt versehentlich ein Auto kauft.

Wir sitzen in einer Bar auf der Ilha da Culatra, und die Portugiesen amüsieren sich köstlich über unsere ungelenken Versuche, Portugiesisch zu sprechen. Sie sind aber so höflich, nur milde zu lächeln.

Die Ilha da Culatra ist eine von vielen Inseln in der Lagune vor Faro, auch bekannt als Naturschutzgebiet Da Ria Formosa. Auf Culatra gibt es keine Autos, keine Motorräder, nur Traktoren, außerdem eine Schule, einen Supermarkt, einen Leuchtturm (der so aussieht, wie alle Leuchttürme, also sehr malerisch) und einen Hubschrauberlandeplatz. Es gibt keine großen Hotels, nur kleine Pensionen, und vor allem gibt es viele Bars.

Culatra hat tausend Einwohner, geschätzt die Hälfte von ihnen arbeitet in Bars und ist damit beschäftigt, die andere Hälfte mit Alkohol zu versorgen. Culatra misst stolz den höchsten Pro-Kopf-Bierverbrauch in Portugal!

Es gibt auf Culatra dennoch keine Polizei, es gilt das Motto: Was auf der Insel passiert, wird auf der Insel geregelt (wie gesagt: Höflichkeit ...). Man kann dort die traditionellen Austernfischer beobachten, welche Austern in, ja wirklich, Säcken züchten.

Die berühmte Lagune hat sechs Inseln und sechs Durchlässe zum Atlantik. Bei Ebbe liegt der Meeresgrund frei (dann schauen die Austernfischer in ihre Säcke). Man kann dort übrigens Hausboote mieten, wenn man Bier, Austern und sehr viel Natur mag.

Traurig essen

Der Portugiese kennt vor allem drei Hobbys: Fußball, Traurigsein (das dazu gehörende Lebensgefühl nennt sich „Saudade“) und Essen.

Und weil wir uns gut integrieren wollen, machen wir eine geführte Fresstour durch die Stadt Olhão (und bemühen uns, dabei traurig dreinzuschauen). Olhão liegt am Meer und wurde von Fischern gegründet, denen die Steuern in Faro zu hoch waren. Die lebten in Strohhütten, weil ihnen die Behörden verboten, gemauerte Häuser zu bauen, und ernährten sich von Fisch und Schmuggel.

Das Erste, was wir in Olhão lernen, ist: Für den richtigen Lebensstil ist es entscheidend, möglichst viel bei Tisch zu sitzen, möglichst viel zu reden, und dabei möglichst gut zu entspannen. Das Essen wird dominiert von Fisch und Kürbis. Einerseits neigen die Portugiesen dazu, alles zu Eintöpfen oder Marmelade zu verkochen (beides schmeckt köstlich, vor allem die Kürbismarmelade).

Andererseits essen sie gerne Kleinigkeiten: Sie nennen das „petisco“, dabei teilt man Brot, Olivenöl, Ziegenkäse, Esskastanien und Wurst, redet höflich und ist kollektiv ein wenig traurig.

Fisch ist sowieso immer dabei, man isst hier durchaus auch herausfordernde Gerichte wie Fischleber oder getrocknete Oktopuseier. Zum Frühstück (!) nimmt man gerne auch Bifana – ein vor allem nach Salz schmeckendes Schweinefleischsandwich.

Portugal ist auch berühmt für seine Fischkonserven (Sie kennen diese bunten Blechdosen, die sich als Dekorationsgegenstand so gut machen und die man nie öffnet?). Und deshalb besichtigen wir in Olhão auch eine Fischkonservenfabrik und lernen: Der große Fischkonservenboom ist schon lange vorbei, dafür ist die Qualität heute höher. Das beliebteste Produkt ist die Fischpastete, die man sich aufs Brot schmieren kann.

Olhão ist außerdem bekannt für seinen alten Lebensmittelmarkt und seine labyrinthartige Altstadt, die „sieben Ellenbogen“ genannt wird, weil sie angeblich so ausschaut. Die traditionellen Häuser sind berühmt, sie sind alle weiß und kubistisch. In einem solchen Haus kehren wir in eine gemütliche Bar ein, essen Kleinigkeiten, reden und sind ein wenig traurig.

Alle Inhalte anzeigen

Natürlich besuchen wir auch Faro, die wichtigste Stadt der Algarve. Hier ist nahezu alles aus Kork, lernen wir, nur nicht die etwa 50.000 Einwohner. Bis jetzt ist die Gegend eher für den klassischen Strandurlaub bekannt, jetzt wirbt man mit Golf, Wandern, Radfahren und anderen Sportarten auch um die Herbst- und Winter-Urlaubenden. Faro könnte auch am Neusiedler See liegen: Überall sieht man Storchennester.

Die Gegend ist großartig, besonders beliebt bei Touristen ist die Ponta da Piedade (Spitze des Erbarmens) bei Lagos. Sie gilt als die schönste Felsformation der Algarve, sie besteht aus Stufen, Höhlen und Grotten und bietet Unvorsichtigen unzählige Möglichkeiten zum Selfie-Suizid.

Nasser Hund

Dort treffen wir Rodrigo Pinto und Monica Alfonso. Sie züchten den seit achthundert Jahren bekannten portugiesischen Wasserhund. Dieser wäre vor Jahrzehnten beinahe ausgestorben, gilt aber, seit sich Barack Obama einen zulegte, als Modehund. Der Wasserhund war ursprünglich der Arbeitshund der Fischer, er apportierte Fische, witterte Fischschwärme, bewachte das Boot oder weckte schlafende Fischer auf. Heute werden sie auch als Therapiehunde eingesetzt, sie gelten als überaus menschenfreundlich.

Was muss man beachten, wenn man sein Leben mit einem Wasserhund teilen will? Rodrigo grinst: „Man braucht viel Zeit und am besten ein Boot.“ Der Wasserhund hat tatsächlich Schwimmhäute an den Pfoten und einen ganz eigenen Schwimmstil – er paddelt seitlich.

Zum Abschluss, und das muss in Portugal so sein, trinken wir noch Schnaps. Antonio Valecio brennt den traditionellen Medronho. Der wird aus den Früchten des Erdbeerbaums gemacht. Die Flüssigkeit fermentiert sechzig Tage lang im Fass und wird dann sehr langsam gebrannt. Den Schnaps soll man sehr langsam trinken, verrät uns Antonio, damit man die Aromen besser wahrnimmt (vermutlich trinken ihn viele deshalb auf ex).

Um den Geschmack leichter vergessen zu können, bekommen wir zum Schnaps Blutwurst, hergestellt aus schwarzen Schweinen, vermischt mit Reis. (Und ja, auch die Blutwurst isst man am besten ex, wenn man sie nicht gewöhnt ist).

Wir loben natürlich Schnaps und Wurst, denn wir wollen uns höflich verhalten. Antonio durchschaut uns und lächelt traurig. Alles ist gut.

Städte-Tipp: Faro - Lagos - Olhão

Alle Inhalte anzeigen Alle Inhalte anzeigen

Klimafreundliche Anreise
Nonstop-Flüge von Wien nach Faro bietet etwa WizzAir an.
CO2-Kompensation via climateaustria.at: 14,25 €

Essen
– „Tertúlia Algarvia“ in Faro
 – „Don Sebastião“ in Lagos
– „À Terra“ im 5*-Vila Monte Farm House

Auskunft: visitalgarve.pt/de/