Leben/Reise

Abenteuerreise ins Ich: Beim Yogafest in der Oststeiermark

Zugegeben, ich hatte schon meine Vorurteile, als mir eine Freundin und Yoga-Großmeisterin zum ersten Mal vom Wasserfest erzählte. Drei Tage im Zelt, die hatte ich zum letzten Mal auf einem Rockfestival verbracht und dort half mir das Bier gegen Lärm, Matsch und die Falten im Zeltboden, die fast so hartnäckig waren, wie die Gelsen, die vor der Tür meiner harrten.

Doch um Bier und Musik sollte es auf dem Wasserfest nicht gehen, sondern um Yoga, Meditation, vegane Ernährung. Warum sollte diese Mischung nicht auch einmal als Hilfspaket gegen die Midlife-Crisis  wirken, dachte ich  und ließ mich auf das Abenteuer ein – eine Reise nach Kaindorf in die Oststeiermark und von dort in weit, weit entfernte Sphären.

Eigentlich war ich  darauf eingestellt, ständig über irgendetwas lachen zu müssen. Die bodenständigeren unter meinen Freunden hatten mich ja mit halbseidenen Schmähs auf „das ganze Esoterik-Glumpert“ eingestellt. Ich kam nicht zum Lachen, ich war viel zu sehr mit Staunen beschäftigt. War auch nicht notwendig, sich über etwas auf diesem Festival lustig zu machen. Ist  – zumindest, was mein Verhältnis zu alternativen Lebensentwürfen betrifft – ohnehin meist nur ein Schutzmechanismus. Platte Witzchen über Yoga helfen gegen die bittere Einsicht, dass man schon an einem Schneidersitz scheitert. Meditation, wofür soll denn das gut sein? Da leidet man doch lieber genüsslich an seinem Burn-out. Naja, und wer einmal neben einem Veganer im Bioladen vor der Theke gestanden ist, weiß, dass es sich bei diesem Essverhalten oft weniger um gesunde Ernährung als um moralische Überlegenheit handelt.

Moralische Überlegenheit, auf die war ich auch schon beim Eintreffen auf dem Wasserfest gewappnet – dummerweise konnte ich sie nirgendwo antreffen. Ich wurde nicht belehrt, nicht korrigiert, nicht schief angesehen, wenn ich  „Hatha“-, „Nida“- und „Ashtanga“-Yoga nicht unterscheiden konnte und überall anfangs etwas unglücklich verrenkt aussah. Ich wurde freundlich und aufmerksam aufgenommen, wie es wohl in keinem Golfklub und in keiner Kartenspieler-Runde passiert.

Wer zum Wasserfest kommt, braucht weder Expertenwissen noch jahrelange Yoga- oder Meditationspraxis, sondern schlicht Neugierde, Offenheit und die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen. Und das habe ich getan. Zum Beispiel „Transdance“, das ist die Gelegenheit für begeisterte – aber nicht unbedingt hochbegabte –  Tänzer wie mich, sich einmal in einen Tanzrausch fallen zu lassen, ganz ohne bunte Pillen übrigens.
 

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Der Vorteil, alle Teilnehmer bekommen die Augen verbunden. Man tanzt also blind mit etwa zwanzig anderen in einem Zirkuszelt. Die Musik pendelt zwischen sanftem House, elektronischer Musik und elektronisch vernebelter Klassik  – und sie nimmt einen in diesen zwei schweißtreibenden, glücklichmachenden Stunden in die abenteuerlichsten Empfindungen mit. Erstaunlich, was einem in dieser Bewegung alles an Gedanken und Bildern durch den Kopf schießt und wie erleichternd das sein kann.

Ein Guru mit Humor

Erleichtert, entspannt, auf ruhige Weise bei sich und trotzdem unter freundlichen Menschen: Das ist die Grundstimmung, die man beim Wasserfest mit sich herumträgt. Sogar das Frühaufstehen bekommt etwas Versöhnliches, wenn man sich zu Sonnenaufgang zur Meditation am Seeufer trifft. „Nur ja nichts Großartiges erwarten, entrückte Empfindungen, oder so“, hat mir ein humorbegabter Guru am Vorabend empfohlen. Ich halte mich daran und komme erst später beim Morgentee drauf, wie tief in Trance ich offensichtlich war. Fühlt sich halt alles anders an, als man sich das in seinen Vorurteilen  so zusammengedacht hat.  

Nach einem Tag Wasserfest ist man in dieser Grundentspannung angelangt, die einen offen für neue Erfahrungen macht. Man lässt sich als sonst Bergschuh-bewaffneter Wanderer darauf ein, barfuß und wie in Zeitlupe durch den Wald zu gehen, nimmt an einer Familienaufstellung teil  oder lauscht den Gedanken des Amerikaners Graham Brown, wie man auf der Welt Frieden stiften könnte. Und wenn man einem Freund am Telefon erzählt, was man da so treibt, auf diesem Wasserfest, meinte der nur: „Bist du jetzt Hippie geworden?“ Warum nicht, für ein paar Sommertage in der Oststeiermark.

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Im Zelt oder im Blockhaus Das Wasserfest nennt sich "Festival für ganzheitliches, gesundes und nachhaltiges Leben" und bietet alljährlich an fünf Tagen im August Angebote aus Yoga, Meditation, Naturheilkunde etc. an. Man wohnt im Zelt oder im Blockhaus am Naturteich  bei Kaindorf/Stmk. wasserfest.info