Moderne Schatzsuche: Stöbern im digitalen Flohmarkt
Von Ute Brühl
Wer auf der Suche nach Gebrauchtem ist, wird im Netz schnell fündig: Geschirr, Handys, Bücher oder Kleidung – alles gibt es aus zweiter Hand. Die Zahl der Plattformen ist mittlerweile groß. Vor 25 Jahren, als eBay ins Leben gerufen wurde, war das noch anders. Das Unternehmen war der Platzhirsch.
Heute haben Plattformen wie Willhaben, aber auch Riesen wie Amazon oder Alibaba dem einstigen Marktführer den Rang abgelaufen. Und sie werden weidlich genutzt – alleine auf Willhaben stehen momentan gut 7 Millionen Waren zum Verkauf.
Doch warum gehören Online-Flohmärkte heute zum Lifestyle wie einst der Einkauf beim Händler ums Eck? „Da gibt es mehrere Gründe,“ meint Katarzyna Gruszka von der Wirtschaftsuniversität Wien – sie forscht zum Thema der Ökonomie digitaler Plattformen.
Wiederverwenden statt Wegwerfen
„Bei einigen spielt der Gedanke der Nachhaltigkeit sicher eine Rolle.“ So wie viele hat es sich auch Gruszka zur Angewohnheit gemacht, im Netz nach einem gebrauchten Stück zu stöbern, wenn sie etwas benötigt. Wobei sie zu bedenken gibt, dass die Plattformen selbst viel Energie benötigen – man denke an die riesigen Server, die diese Firmen unterhalten müssen. Zudem sei das Verschicken von so vielen Paketen oft auch nicht immer so nachhaltig. Für viele Kunden spielt der Preis die wichtigste Rolle beim Kaufentscheid: „Sie können sich manches gebraucht leisten, das für sie neuwertig kaum erschwinglich ist.“ Das zeige sich in Krisen wie der Finanzkrise oder der Coronaepidemie besonders deutlich.
Das hat man auch bei Willhaben bemerkt, wo die Verkaufszahlen während des Lockdowns zum Teil um 50 Prozent in die Höhe geschnellt sind. Ein Grund war dabei sicher, dass da Zeit war, sein Hab und Gut auszumisten.
Was man bei der digitalen Flohmarkt-Seite noch feststellt: "Das dominanteste Motiv der willhaben-User ist laut einer Analyse das hedonistische. Für diese Menschen gleicht das Stöbern einer Schatzsuche."
Eine Frage des Geldes
Auch der ökonomische Aspekt ist ein zentrales Motiv: "Personen, die materialistisch motiviert sind, empfinden Freude beim Kauf von schönen Dingen, beim Sammeln sowie beim Geld sparen", heißt es in der Analyse.
Und vielleicht etwas überraschend: "Ein ebenso entscheidendes Motiv ist die Nachhaltigkeit. Dabei stehen das Kümmern um Menschen und Gegenstände, die Ressourcenschonung sowie die Verlängerung von Produktlebenszyklen im Mittelpunkt."
Nebenrolle
Dass das Thema Nachhaltigkeit eher eine Nebenrolle beim Kauf von Second Hand spielt, befürchtet Markus Bürger vom Österreichern Rat für nachhaltige Entwicklung. „Wir merken das daran, dass es in Österreich noch keine Plattform gibt, in der ausschließlich Nachhaltiges verkauft wird – von Produkten bis zu Dienstleistungen wie einer Reise.“
Im kleinen Bereich tue sich schon einiges: „Es gibt Seiten, auf denen ich regionale Lebensmittelproduztenten finde – damit kann man die Lieferwege kurz halten“, sagt Bürger. Aber das seien nur Nischen. Wobei die Nähe des Verkäufers auch eine Frage der Effizienz sie – online kann man z. B. sehen, ob in der Nähe jemand ein Rad zu verkaufen hat, das ich mir vor Ort und außerhalb von Geschäftsöffnungszeiten anschauen kann.