"Ich habe hier so viel gelernt"
Von Uwe Mauch
„Das war eine sehr schöne Zeit“, sagt die eine. „Ich habe hier so viel gelernt“, sagt die andere. Das Wiedersehen mit ihrer Mentorin und dem Lernhaus ist für beide Schülerinnen immer wieder schön. Es erweckt, wie sie betonen, „sehr gute Erinnerungen“.
Arife Erbek, 18, und ihre Freundin Dilber Karakoç, 17, können in wenigen Wochen zur Matura antreten. Heute Abend sind sie in das Lernhaus in der Schwendergasse in Wien 15 gekommen, um über ihre beachtlichen Bildungskarrieren zu berichten.
Durchschnittlich
„Wir waren durchschnittliche Schülerinnen in der Neuen Mittelschule“, erzählen Arife Erbek und Dilber Karakoç. Ihr Weg war klar vorgezeichnet: Eltern Migrationshintergrund, beruflich erfolgreich, aber aufgrund von Sprachbarrieren kein Rückhalt in Schulfragen, das Tor zum Gymnasium stand ihnen anfangs nicht offen.
Doch damit wollten sich die Beiden nicht begnügen. Jede für sich hörte von der Option, im Lernhaus Defizite aufzuholen. Sie hatten auch das Glück, dass sie die Eltern sofort anmeldeten.
In der Person von Carina Pani fanden Arife und Dilber dort eine ehrenamtliche Mitarbeiterin, die ihnen von Anfang an half. Die heute 29-jährige Wienerin hatte gerade mit ihrem Studium an der Wirtschaftsuni begonnen, als sie vom Angebot las, in einer Initiative von KURIER und Rotem Kreuz Kinder beim Lernen zu unterstützen. „Das hat für mich gut gepasst“, erzählt Carina Pani. „Ich habe bisher viel Glück gehabt. Meine Eltern haben es mir ermöglicht, dass ich sorgenfrei studieren konnte. Da wollte ich etwas zurückgeben.“
Die Betriebswirtin konnte im Gegenzug auch von ihren Schülerinnen lernen: „Zum Beispiel, dass sich junge Menschen, die Deutsch nicht als Muttersprache gelernt haben, deutlich mehr anstrengen müssen.“
Schnell wurden Arife und Dilber Freundinnen – und die Mentorin ihre persönliche Motivatorin: „Wir haben uns nicht geniert, sie alles zu fragen“, sagt die Ältere. „Ich habe mich immer aufs Lernhaus gefreut“, ergänzt die Jüngere.
Herausragend
Begeistert zeigt sich auch der pädagogische Leiter im Lernhaus Wien, Daniel Jonas. „Die Drei waren ein super eingespieltes Team. Oft habe ich nach 20 Uhr weggeräumt, da haben sie noch gelernt.“
Der Schulerfolg ließ nicht lange auf sich warten. Beide Mädchen verbesserten sich derart, dass sie am Ende der vierten Klasse Mittelschule ohne Bedenken in die Oberstufe des geografisch nahen und zuvor doch weit entfernten Gymnasiums empfohlen werden konnten.
„Der Umstieg ist uns zuerst nicht leicht gefallen“, betont Arife Erbek. „In der fünften Klasse hatten wir am Anfang ordentlich zu tun“, erinnert sich Dilber Karakoç.
Doch im Wissen, dass ihre Carina für jede Frage eine Lösung parat hat, haben es die Schülerinnen bis zur Matura geschafft. Noch überwiegt die Sorge, ob sie die Reifeprüfung schaffen werden, doch ein wenig Stolz auf das bisher Geleistete schwingt schon mit.
Dass sich jeder Euro, der in die Bildung von jungen Leuten investiert wird, mehrfach rentiert, ist nicht nur durch Studien belegt, das zeigt sich auch im Lernhaus Wien. Die freiwillige Helferin, die heute bei einem bekannten Möbelhaus arbeitet, nickt. Sie kann das nur bestätigen.
Dilber Karakoç möchte so wie ihr Vorbild nach der Matura an der WU studieren und eventuell einen Beruf im Modemanagement anstreben.
Ihre Freundin hat nicht zuletzt durch ihre positiven Erfahrungen im Lernhaus ihre Leidenschaft für die Arbeit mit Kindern entdeckt. Sollte sie die Ausbildung zur Volksschullehrerin angehen, hat sie bereits ein Angebot für ein Praktikum in der Tasche.
Das Angebot kommt von Herrn Jonas aus dem von ihr geschätzten Lernhaus Wien.
KURIER-Lernhaus bietet Kindern und Jugendlichen zwischen sechs und 15 Jahren seit zehn Jahren kostenlose Lernhilfe. An neun Standorten in Wien, Niederösterreich und Tirol werden jedes Jahr rund 200 Kinder betreut. Betrieben werden die Lernhäuser vom Projektpartner Österreichisches Rotes Kreuz.
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