Was am ersten Tag beim eLearning schiefging
Der erste Tag ohne Schule fing gleich mit dem Zusammenbruch der Online-Plattform an. Zu viele Schüler waren fast gleichzeitig eingestiegen und hatten den Server überlastet. Auf dieser Plattform – besser bekannt unter dem Namen "Moodle" – gaben Lehrer schon bisher ihren Schülern Aufgabenpakete, stellten Arbeitsblätter zum elektronischen Ausfüllen oder zum Ausdrucken darauf oder luden Videos mit Erklärungen hoch. Mehr als 1000 Schulen nehmen daran teil. Auch der vielfach verwendete Nachrichtendienst Webuntis war überlastet.
25 Millionen Zugriffe
Kein Wunder, dass Robert Schrenk jetzt ein gefragter Mann ist. Denn er arbeitet beim Zentrum für Lernmanagment, kurz ZLM, das für das Bildungsministerium die Moodle-Plattformen administriert, damit die Schulen damit digital lernen können. Seit Schüler zu Hause Aufgaben machen müssen, greifen viele auf diese Lernplattformen zurück. "Die Zahl unserer aktiven User hat sich mehr als verdoppelt, so hatten wir alleine in der vergangenen Woche fast 25 Mio Zugriffe", erzählt er. Kein Wunder, dass das System da hin und wieder überlastet ist. "Ich weiß, dass alle Beteiligten auch im Bildungsministerium und im Bundesrechenzentrum daran arbeiten, dass technisch alles wieder einwandfrei funktioniert", sagt er im KURIER-Gespräch. Eine Prognose, wann es so weit sein wird, will er nicht wagen. Experten schätzen, dass es Mitte oder spätestens Ende der Woche so weit ist.
Ein wenig freut es Schrenk natürlich, dass seine Arbeit jetzt so gefragt ist: "Immer, wenn man eine Sache braucht, merkt man erst, wie wertvoll sie ist."
Worin er den Vorteil von Moodle sieht? "Schüler und Lehrer können gut darüber kommunizieren. Der Lehrer kann Lernprozesse begleiten und ein Feedback geben." Und natürlich macht es dies für die Pädagogen einfacher, individuell zu unterrichten. "Wenn bei einer Übung ein Schüler oder eine Schülerin schlecht abschneidet, dann gibt es beispielsweise maßgeschneiderte Übungen oder ein Lernvideo dazu", erläutert Schrenk, der selbst an einer Tourismusschule unterrichtet. Weiterer Vorteil: "Schüler erkennen Abhängigkeiten von Lernschritten." Beispiel: Ich kann nur Bruchrechnen lernen, wenn ich zuvor das Malnehmen verstanden habe.
Aufregung
Der Ärger war aber dennoch groß. Zu großer Aufregung führte der Zusammenbruch in den einschlägigen Lehrer-Facebook-Gruppen, wo sich viele Pädagogen Ideen für den neuartigen Unterricht holen. Die Server "glühen", meldete auch Gerhard Hauke vom Schulbuchverlag Chocolate, der derzeit wie die meisten Anbieter seine Bücher gratis zur Verfügung stellt: "Seit der Ankündigung, dass die Lehrer Materialien für Schulschließungen vorbereiten sollen, verzeichnen wir um um 200 Prozent erhöhte Zugriffe auf die eBooks."
Lieber klassisch
Heute Früh lautete kurz die Devise, doch wieder auf die klassischen Lehrbücher zurückzugreifen. So schickte ein Wiener Geschichtelehrer seinen Schülern ein beruhigendes eMail: "Damit ihr nicht dauernd nachsehen müsst, ob Moodle funktioniert oder nicht, schicke ich euch die Aufgabe für heute. Lest euch diese Seiten im Buch durch. Im Anhang findet ihr ein Word-Dokument, in das ihr eure Antworten hineinschreibt, speichert und zurücksendet. Wartet mit dem Verschicken noch, vielleicht funktioniert Moodle ja später doch noch."
Lerneffekte für später
Vorläufig Recht behalten haben die Lehrer, die Aufgaben auf die alte Art verteilten. Auch diese gibt es: Viele gaben gleich anfangs zu bedenken, dass ihre Schüler zu Hause gar nicht die notwendige digitale Infrastruktur zum Arbeiten am Computer haben, auch in Familien mit mehreren Kindern werden die Computerarbeitsplätze knapp.
Wer sich über die österreichischen Mängel beschwert, sollte über die Grenze schauen: Auch in Bayern stürzte die Schul-Software ab. Das dortige Programm Mebis wurde angeblich von Hackern lahmgelegt.
Die nächsten Tage werden jedenfalls spannend. Anna Gawin von der Internet-Initiative DaVinciLab sieht in der Krise eine Chance. Sie bemüht sich seit Jahren darum, digitale Bildung in den Schulen zu verankern: "Jetzt werden viele Möglichkeiten ausprobiert, wie Unterricht zu Hause funktioniert und auch Spaß macht. Das wird vielleicht ein Lerneffekt für die Zeit, wenn die Schulen wieder offen sind."