Leben/Essen & Trinken

Wiens Winzer hat Corona-Krise "nicht so stark erwischt"

Die Coronaviruskrise haben die Wiener Winzer anscheinend gut durchtaucht. Die Betriebe hätten oft mehrere Standbeine vom Weinverkauf bis hin zur eigenen Gastronomie, die aktuell sehr gut besucht sei, wie "WienWein"-Obmann Fritz Wieninger berichtete: "Es hat uns nicht so stark erwischt." Am Mittwoch wurde in einer Pressekonferenz außerdem das Mentoring-Programm der Gruppe präsentiert.

Wieninger, er betreibt das gleichnamige Weingut in Stammersdorf, schilderte die derzeitige Situation für Wiens Winzer: "Wir haben eigene Gastronomie, die ist oft sehr weit draußen im Weingarten zum Beispiel. Das boomt richtiggehend, da nutznießen wir sogar ein bisschen von der aktuellen Stimmung." Er und seine Kollegen hätten außerdem mehrere Standbeine, was den Weinverkauf betrifft: "Wir verkaufen nicht nur in Wien, sondern in vielen Gebieten Österreichs, aber auch im Export. Wir verkaufen an die Gastronomie, aber auch online und Ab Hof."

Kleine Betriebe haben Sorgen

Sorgen bereitet den "WienWein"-Winzern unterdessen, dass das Wiener Weinbaugebiet unter einem Strukturproblem leidet, das sich über die Jahre verschärft hat, wie sie in der heutigen Pressekonferenz schilderten. Viele kleine Betriebe würden derzeit ums Überleben kämpfen. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Weil ein Generationenwechsel bevorsteht und die Nachfolger nicht mehr weitermachen wollen. Weil Investitionen in die Ausstattung nötig wären, die durch die laufenden Erträge nicht erwirtschaftet werden können. Oder weil es sich um einen Nebenerwerbsbetrieb handelt und der Winzer nicht die nötige Zeit hat, sich neben dem Hauptberuf um die ständige Weiterentwicklung seines Know-hows zu kümmern.

Um solche Betriebe am Leben zu erhalten und ihnen zu helfen, haben die "WienWein"-Winzer ein Mentoring-Programm ins Leben gerufen. Wieninger erklärte das Engagement der Gruppe: "Weil wir wollen, dass die Wiener Rebflächen nicht verrohen, sondern liebevoll bewirtschaftet werden. Weil wir finden, dass Wiener Wein durch seine Vielfalt und die Individualität der zahlreichen Produzenten lebt. Weil jede verkaufte Flasche Wiener Wein zum Image der gesamten Region beiträgt. Jedes Glas, das getrunken wird und gut geschmeckt hat, ist ein Gewinn für uns alle."

Die Unterstützung der Winzer reicht von der Weitergabe des Know-hows bei der Weingartenpflege über die Aushilfe mit Equipment und Beratung bis hin zum gemeinsamen Philosophieren, wenn es um das Zusammenstellen einer neuen Cuvee geht.

Derzeit gibt es ein Mentoring für 30 Weinproduzenten. Diese bewirtschaften zusammen 70 Hektar Rebfläche, das sind 10,9 Prozent der gesamten Wiener Weingartenfläche. Ohne die Unterstützung würde wahrscheinlich ein beträchtlicher Teil dieser Rebfläche brachliegen, sind die Winzer überzeugt. Denn bei den Kooperationspartnern handle es sich durchwegs um eher kleine Betriebe, die oft im Nebenerwerb bewirtschaftet werden, die angesichts ungünstiger Strukturen kaum rentabel sind und manchmal überhaupt "hart an der Grenze zur Liebhaberei" betrieben werden.

Schneckenzüchter Guckmuck

Einer, der die Unterstützung der "WienWein"-Winzer zum Beispiel in Anspruch nimmt, ist Andreas Gugumuck. In der Gourmetwelt hat sich der Wiener einen Namen als Schneckenzüchter gemacht. Was aber weniger bekannt ist: Gugumuck hat einen kleinen Weingarten am Nussberg gepachtet - für die Produktion im großen Stil ist das allerdings zu klein. Die Ausbeute beträgt 600 Flaschen im Jahr - das reicht aber nicht für die Anschaffung eines professionellen Winzer-Equipments. In diesem Fall hilft Mentor Wieninger, von dem Gugmuck auch den Weingarten gepachtet hat, aus.

Jahrgang 2020: Reif mit mehr Säure

"WienWein" ist ein Zusammenschluss der sechs Weingüter Christ, Cobenzl, Edlmoser, Fuhrgassl-Huber, Mayer am Pfarrplatz und Wieninger. Sie bestellen zusammen 280 Hektar Rebfläche und damit rund 40 Prozent des gesamten Wiener Weinbaugebiets. Zu den größten Erfolgen der Gruppe gehört die Etablierung des "Gemischten Satzes", der mittlerweile DAC-Status besitzt. Insgesamt gibt es in Wien 637 Hektar bepflanzte Rebfläche.

Wieninger bot heute auch einen Ausblick auf den Jahrgang 2020: "Da bahnt sich ein eher reiferer an, aber vielleicht doch mit mehr Säure als das in den wärmeren Jahren so ist, weil die Blüte sehr lange gedauert hat. Die ist vorbei, es schaut sehr schön aus. Wir haben genug Wasser. Jetzt kommt es darauf an, wie der Sommer wirklich wird." Und weiter: "Aber ich gehe von einem sehr schönen, reifen Jahrgang aus, wie wir ihn uns eigentlich jedes Jahr wünschen, aber nicht immer bekommen. Aber heuer schaut es gut aus."