Restlverwertung: Wie Bäcker ihrem alten Brot neues Leben geben
Von Anita Kattinger
Kräftig. Dunkel. Saftig. Das Schwarzbrot sieht in der Vitrine wie ein herkömmliches Roggenbrot aus – bei ihm kommt es aber auf die inneren Werte an. Denn seine wichtigste Zutat ist das Altbrot vom Vortag, daher auch der Name Wiederbrot.
Bedenken habe es anfangs gegeben, wie der Kunde darauf reagieren könnte, erzählt Philipp Ströck: "Aber ich habe immer daran geglaubt, dass das Brot gut ankommt, wenn man dem Kunden offen erklärt, aus welcher Zutat das Brot besteht."
Rund 500 bis 600 Kilogramm Roggen-Altbrot könne das Unternehmen auf diese Weise aus dessen Überproduktion in der Zentrale wiederverwerten.
"Einerseits lässt sich aus dem Altbrot wieder ein Sauerteig machen, andererseits machen wir daraus ein sogenanntes Kochstück. Nachdem das Brot vom Vortag in Scheiben geschnitten und getoastet wurde, wird das Brot fein gemahlen und mit Wasser gemischt. Diese Masse wird mit Sauerteig und Mehl zu einem sehr feuchten Teig vermengt."
Ein Rezept für ein helles Wiederbrot liegt bereits in der Schublade der Unternehmer-Familie.
Brotiger Trunk
Allein in Wien landen täglich 70 Tonnen Brot im Müll – von dieser Menge könnten sich die Grazer einen Tag lang satt essen. Dass überschüssige Lebensmittel weggeworfen werden, ist kein österreichisches Phänomen.
So verlangte EU-Kommissarin Stella Kyriakides von den Mitgliedsstaaten mehr Initiativen: "Überschüssiges Essen sollte Menschen ernähren, die es brauchen, und nicht in den Mülleimer."
Die gesamte Produktion und Lieferketten müssten nachhaltiger werden. Diesen Gedanken teilen der Wiener Bäcker Stefan Szihn und Bierbrauer Alexander Forstinger: Sie setzen auf ein dunkles Bier, das seine Karamellnoten durch das Einbrauen von Altbrot gewinnt.
"Wir haben uns für dunkles Brot entschieden, da helles Gebäck zu Semmelbrösel weiterverarbeitet werden kann. Aber für dunkles Brot fehlte ein ökologischer Kreislauf", erklärt Forstinger.
Kommende Woche wird das erste Mal eingebraut: Getrocknete Würfel des Altbrots kommen beim Einmaischen mit dem Malz in den Sud. 20 Kilogramm Altbrot braucht es für 1000 Liter Bier.
Die Rezeptur lässt sich durch die Wahl des Hopfens stark beeinflussen. "Je besser das Bier von den Kunden angenommen wird, desto mehr Altbrot können wir wiederverwerten."
Auch hier liegen bereits weitere Ideen wie Brotchips mit Biergeschmack in der Schublade.
Für ihre nachhaltige Innovation gründeten Sarah Lechner und Michael Berger gleich ein neues Unternehmen. Für ihr Granola rösten sie Brot vom Vortag der Bäckerei Geier in Niederösterreich: "Manche Kunden glauben, das Brot herausschmecken zu können. Andere wiederum erkennen keinen Unterschied", so Berger. Traditionell wird herkömmliches Granola aus gerösteten Haferflocken hergestellt.
Da das Brot durch den Röstvorgang rund 30 Prozent seines Gewichts verliert, brauchen die Unternehmensgründer 400 Gramm Brot vom Vortag für 400 Gramm Granola.
Bei 130 Grad werden die Brotkrümel mit geriebenen Nüssen, Zucker und Öl schonend im Backrohr geröstet. Ihrem "2nd chance cereal" fügen sie dann noch Gewürze und Früchte hinzu.
Josef Weghaupt wählte für seine Kipferl eine süße Auferstehung in der Joseph Brot-Backstube: Wie früher bei Oma und Opa tischt er einen Scheiterhaufen auf.
Zutaten für 4 Personen:
5 alte Semmeln oder Kipferl
250 ml Milch
50 g Zucker
1 EL Kristallzucker
2 Eier
400 g Äpfel
Butter
- Semmeln schneiden.
- Milch mit zwei Dottern und Zucker versprudeln.
- Gemisch über Semmeln gießen.
- Ofen auf 180 Grad vorheizen.
- Auflaufform mit Butter ausstreichen.
- Hälfte der Semmelmasse einschichten. Darauf kommen 400 g blättrig geschnittene Äpfel (ohne Schale und Kerngehäuse). Zweite Hälfte der Semmelmasse darauf verteilen.
- Glatt streichen, Butterflocken darauf verteilen und für 15 Minuten ins Backrohr.
- Beide Eiklar mit 1 EL Kristallzucker aufschlagen. Auf den Auflauf streichen, 15 Minuten fertig backen.