Die langsamsten Sportautos der Welt
Von Daniel Voglhuber
Ein erster Blick auf schneidige Kurven. Formvollendet gebaut, um in hoher Geschwindigkeit über einen Rennkurs zu brettern. Ein Haifischmaul, eine Zigarrenform wie bei klassischen Rennautos aus den 1950er-Jahren. Die Farbe Ferrari-Rot. Das Gefährt, der FAHRRADI MODEL MD, strotzt nur so vor Pferdestärken. Könnte man sich vorstellen.
Ganz falsch. Das Auto aus der Werkstätte des Linzer Künstlers Hannes Langeder ist der langsamste Bolide der Welt. Eigentlich ist er nicht mal das. Weil, der fährt gar nicht mehr. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 0 km/h. Seine vier Räder lassen sich - wenn der Wagen aufgebockt ist - höchstens im Stand drehen. Entschleunigung in Reinform in einer ohnehin schnelllebigen Zeit. Dass gar nichts mehr geht und dass man gar nicht mehr drin sitzen kann, unterscheidet den FAHRRADI von seinen nicht weniger schnittigen Vorgänger-Modellen dann doch frappant.
Langeder hat nicht zum ersten Mal einen Boliden designt. Vor einigen Jahren hat er den goldenen Ferdinand GT 3 und den roten Fahrradi Farfalla FFX auf die Straßen und in Galerien geschickt. Ersterer sah einem Porsche sehr ähnlich. Zweiterer war rot, hatte Flügeltüren und sah wie die Zukunftsversion eines Sportwagens aus Modena aus.
Was beide einte: Sie waren zweispurige Tandemmodelle - nach allen Regeln der Straßenverkehrsordnung zugelassen. Statt aufs Gas musste man in die Pedale treten. Das Aufheulen des Motors wurde durch das Rascheln der Kette ersetzt. Gehgeschwindigkeit statt High Speed. Die Übersetzung war bewusst ineffizient.
Damit sorgte der Künstler - er setzte sich als reicher Rennfahrer mit Golduhr, schräger Frisur und stolzer Rotzbremse hinters Volant - für gehöriges Aufsehen. Kultursendungen wie das ARD-Magazin „titel, thesen, temperamente" zeigten ihn genauso wie das das BBC-Autoformat „Top Gear".
Jetzt hat er dem Ganzen mit dem FAHRRADI MODEL MD noch eins draufgesetzt. MD steht übrigens für Marcel Duchamp, der 1913 für sein erstes Readymade mit dem Titel "Fahrrad Rad" ein Fahrrad-Rad aufs Potest gestellt hat: "Das Rad zu drehen war sehr wohltuend, sehr beruhigend, eher eine Art Öffnung von Wegen zu anderen Dingen, als das materielle Leben jeden Tag. Es war, als hätte ich einen Kamin in meinem Atelier, die Bewegungen des Rades erinnerten mich an die Bewegungen von Flammen“, hieß es von Duchamp.
Und solche Räder hat der Bolide, die sich wohltuend und beruhigend drehen können. Und noch dazu ganz ohne Abgase. Im Zeiten des Klimawandels wohl nicht ganz falsch.
Das Objekt ist aktuell in der Ausstellung "Posterwachsen" der Galerie Knoll in Wien bis 20.April zu sehen. Kuratiert wurde sie vom Philosophen Robert Pfaller.