Was Private und Unternehmer beim Erben beachten sollten
Beim Verfassen von Testamenten können immer wieder Fehler passieren. Dr. Claus Spruzina, Präsident der Notariatskammer Salzburg, kennt diese und weiß, wie man sie verhindern kann.
Nur rund 20 Prozent der Österreicher haben ein Testament gemacht. Woran liegt das?
Claus Spruzina: Ein Testament zu verfassen heißt, sich mit der eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen. Das machen die wenigsten gerne.
Wer sollte Ihrer Meinung nach auf alle Fälle ein Testament verfassen?
Jeder, der Unternehmer ist oder über Vermögenswerte verfügt – vor allem dann, wenn die gesetzliche Erbfolge nicht den Wünschen entspricht.
Für ein Testament, das auch tatsächlich den Wünschen des Testamentsverfassers entspricht, ist viel Erfahrung und Hintergrundwissen notwendig
Präsident der Notariatskammer Salzburg
Das heißt, man sollte sich rechtzeitig über die gesetzliche Erbfolge informieren und sich über seine Wünsche klar werden?
Genau. Ein Betrieb oder Unternehmensanteile sollten jedenfalls nicht in die gesetzliche Erbfolge gehen. Schon gar nicht, wenn es sich um eine Patchwork-Familie handelt.
Weshalb?
Man kann nur jedem raten, Miteigentum zu vermeiden. Gerade bei Unternehmen ist es die schlechteste Variante, außer das Unternehmen wird ausschließlich durch familienfremde Personen geführt.
Aber selbst wenn das Unternehmen nur an einen Erben übergeben wird – an den Pflichtteilsberechtigten führt trotzdem kein Weg vorbei, sie müssen abgefunden werden ...
Natürlich. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmer nicht ihr gesamtes Vermögen im Unternehmen binden, sondern auch privat Vermögenswerte aufbauen. Denn dann kann man mit weichenden Kindern einen Pflichtteilsverzicht vereinbaren und sie anderweitig abfinden. Beispielsweise mit Immobilien oder Barmitteln.
Das geht aber nur, wenn Privatvermögen vorhanden ist. Was passiert, wenn das nicht der Fall ist?
In diesen Fällen kann der Testamentsverfasser in seinem Testament auch eine Pflichtteilsstundung anordnen. Der Erbe des Unternehmens muss in diesem Fall die anderen Pflichtteilsberechtigten nicht sofort auszahlen, sondern hat dafür fünf, in Härtefällen sogar bis zu zehn Jahre dafür Zeit. Der Hemmschuh bei dieser Variante sind allerdings die gesetzlichen Stundungszinsen von vier Prozent, mit denen der Pflichtteilsbetrag verzinst werden muss.
Manchmal lässt es sich also nicht vermeiden, dass der Betrieb an mehrere Kinder geht – was raten Sie in diesen Fällen?
Je mehr Erben daran beteiligt werden, desto schwieriger wird eine erfolgreiche Unternehmensführung. Deshalb sind in diesen Fällen eindeutige Regeln erforderlich.
Hier kommt wahrscheinlich auch der Gesellschaftsvertrag ins Spiel…
Genau. Stellen Sie sich vor, Sie erben gemeinsam mit ihren beiden Geschwistern ein Unternehmen. Sie sollen dieses leiten, aber ihre beiden Geschwister haben zusammen die Stimmenmehrheit und können Sie jederzeit überstimmen. Das kann wichtige Entscheidungen verzögern oder sogar verhindern, und somit gar zum Ruin des Unternehmens führen. Einer muss daher „der Chef“ sein – und er darf nicht von den anderen überstimmt werden können. Man muss also die Stimmrechte klar definieren und auch den Gesellschaftsvertrag dementsprechend verfassen. Es kann beispielsweise vereinbart werden, dass weichende Geschwister zwar einen Gesellschaftsanteil bekommen, diesen aber nach einigen Jahren an denjenigen, der den Betrieb führt, abtreten müssen. Der Preis, zu dem die Anteile erworben werden können, sollte ebenfalls im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden.
Welches ist für Sie der größte Fehler im Zusammenhang mit dem Testament?
Keines zu haben, wenn die gesetzliche Erbfolge nicht zu den Lebensumständen passt. Der zweite große Fehler ist, ein Testament ohne fachkundigen Rat zu verfassen. Darin liegt viel Streitpotenzial.
Inwiefern?
Schreibe ich im Testament nur den Satz, dass meine Frau die Universalerbin ist, mache ich nichts falsch. Füge ich allerdings Auflagen hinzu, kann es kompliziert werden. Der Satz etwa, dass nach dem Tod der Gattin alles die Kinder erben, kann so interpretiert werden, dass eine Nacherbschaft angeordnet wird, früher fideikommissarische Substitution genannt. In diesem Fall dürfte die Frau das Vermögen nutzen, aber nicht verbrauchen.
Wenn der Mann das aber nicht will, weil die Frau das Erbe braucht, um das tägliche Leben zu bestreiten – wie sollte die Formulierung dann lauten?
In diesem Fall sollte der Testamentsverfasser schreiben: Meine Frau ist in der Verfügung über das Erbe nicht beschränkt; was dann noch übrig ist, soll an die Kinder gehen.
Wie ist eigentlich die Stellung von Lebensgefährten im Erbrecht?
Lebensgefährten haben ein außerordentliches Erbrecht. Dieses greift erst dann, wenn die Verlassenschaft mangels anderer gesetzlicher Erben beispielsweise dem Bund zufallen würde.
Das heißt, wer sicher sein will, dass der Lebensgefährte erbt, muss auf alle Fälle ein Testament machen?
Unbedingt.
Was gibt es dabei zu beachten?
Bei Lebensgemeinschaften sind beispielsweise Ersatzerbschaften ein Thema. Das ist ein Erbe, der dann zum Zug kommt, wenn der eingesetzte Erbe nicht erben kann oder will.
Können Sie diese genauer beschreiben?
Nehmen wir zwei Lebensgefährten. Jeder hat von den Eltern eine Wohnung geschenkt bekommen und dafür den Partner als Erben eingesetzt. Die beiden haben einen Autounfall, der Mann stirbt sofort, die Frau zwei Tage später. Somit gehen beide Wohnungen an die Erben der Frau. Eigentlich wollte der Mann aber, dass seine Immobilie, wenn beide Lebensgefährten sterben, wieder an seine Familie fällt, was mit einer Ersatzerbschaft möglich gewesen wäre. Sie sehen, für ein Testament, das auch tatsächlich den Wünschen des Testamentsverfassers entspricht, ist viel Erfahrung und Hintergrundwissen notwendig.
Informationen und Beratung erhalten Sie auf www.notar.at.
Dr. Claus Spruzina absolvierte das Rechtsstudium an der Universität Salzburg und ist seit 1998 öffentlicher Notar in Hallein. Seit 2004 ist er Präsident der Notariatskammer Salzburg, seit 2009 Honorarprofessor der Universität Salzburg und seit 2012 Vizepräsident der Österreichischen Notariatskammer
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Der digitale Nachlass rückt immer mehr in den Fokus
Die digitalen Vermögenswerte nehmen stetig zu - eine klare Regelung ist dafür dringend notwendig
Ein rechtskräftiges Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn von Ende Juni könnte richtungsweisend sein: demnach muss der Computergigant Apple einer Erbin die Zugangsdaten zum Benutzerkonto und zur iCloud eines Verstorbenen zur Verfügung stellen. Für die Internetgiganten ist das nämlich keine Selbstverständlichkeit, vielmehr nehmen die Nutzungsbedingungen vieler, meist US-amerikanischer Anbieter keine Rücksicht auf allgemeine Regeln des österreichischen Erbrechts. Sie erklären beispielsweise digitale Inhalte mit dem Tod des Accountinhabers für erloschen. „Das steht in vielen allgemeinen Geschäftsbedingungen“, sagt Claus Spruzina, Notar in Hallein und Präsident der Notariatskammer Salzburg. Da der Testamentsverfasser dafür jedoch bezahlt habe, würden solche Klauseln einer gerichtlichen Inhaltskontrolle wohl nicht standhalten, da sie gröblich benachteiligend sind.
Gute Dokumentation
Um Probleme mit dem digitalen Nachlass – dazu zählen Websites und E-Mail-Accounts genauso wie Social-Media-Profile, Streaming-Rechte bei Onlineplattformen und Blogs, aber auch Vermögenswerte wie Onlinebanking-Accounts oder Guthaben in Kryptowährungen – zu vermeiden, sollten die digitalen Fußspuren genau dokumentiert werden, rät Spruzina. Eine Aufstellung derselben, Zugangsdaten und Passwörter sollten daher an einem sicheren Ort verwahrt werden. „Allerdings so, dass sie nach dem Tod des Users von den Angehörigen gefunden werden“, sagt Spruzina. Wer nicht-vermögensrechtliche digitale Inhalte wie etwa Such- oder Chatverläufe vor den Angehörigen verborgen halten will, müsse auch das klar regeln.
„Ich bin überzeugt, dass dieses Thema in Zukunft jeden von uns betreffen wird“, sagt Spruzina. Er hat im übrigen bereits die nächsten Stolpersteine im Visier - die digitale Signatur und die E-Identität. „Was passiert eigentlich, wenn nach meinem Tod jemand mit meiner digitalen Signatur unterschreibt“, so der Notar.
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