Soziale Gerechtigkeit ist ein zentraler Lebenswert für unsere Gesellschaft
Herr Miskarik, soziale Gerechtigkeit ist im Euroraum eine Frage der Verteilung von privatem Finanzvermögen. Welche Rolle spielt dabei unser Wohlfahrtsstaat?
Michael Miskarik: Soziale Gerechtigkeit ist eine Frage der persönlichen Perspektive. Eine Studie der Österreichischen Nationalbank sagt, die relative Position der privaten Haushalte in der Vermögensverteilung wird besonders durch das Erben bestimmt. Durchschnittlich bedeutet eine Erbschaft in der Vermögensverteilung dasselbe, wie ein Einkommenssprung über mehr als die Hälfte aller Haushalte. Betrachtet man die Bedeutung des Wohlfahrtsstaats für die Vermögensverteilung, so geht ein gut ausgebauter Wohlfahrtsstaat mit niedrigeren privaten Vermögensbeständen einher. Die gemessene Vermögensungleichheit ist in Ländern mit einem relativ stärker ausgebauten Wohlfahrtsstaat höher, da diese Sicherungsfunktionen wie Altersvorsorge oder Pflege übernehmen. Für vermögensärmere Haushalte ist dies weit wichtiger als für vermögendere, da ihnen diese Sozialleistungen ein wenig mehr an Konsum ermöglichen. Für Vermögendere jedoch ist der Wohlfahrtsstaat wichtiger im Hinblick auf Schutz ihres Privateigentums.
Von welchen Summen sprechen wir beim privaten Finanzvermögen und wie wird dieses in Österreich veranlagt?
Das Geldvermögen der privaten Haushalte erreichte in Österreich im Juni 2021 einen historischen Höchststand von 799 Milliarden Euro. Bemerkenswert dabei ist: Während der Konsum der privaten Haushalte massiv zurückgegangen ist, stiegen finanzielle Veranlagungen um rund 70 Prozent auf 28,5 Milliarden Euro an. Zwar waren täglich fällige Einlagen mit einem Volumen von 21 Milliarden Euro nach wie vor die beliebteste Anlagekategorie, aber die Nachfrage nach kapitalmarktorientierten Investments stieg um 88 Prozent. Hier sehen wir erste Signale für eine dringend notwendige Trendwende hin zu mehr finanzieller Bildung und Eigenverantwortung.
Der Finanzminister plant eine Änderung der Kapitalertragsteuer (KESt). Könnte dadurch die private Altersvorsorge gestärkt werden?
Das wäre definitiv ein Anreiz für langfristigen Vermögensaufbau zur Alterssicherung. Angesichts der hohen Inflation und des Nullzinsumfelds würde eine Abschaffung der Kapitalertragsteuer – aktuell 27,5 Prozent – vor allem Menschen unterstützen, die finanzielle Eigenverantwortung übernehmen und langfristig in ihre Altersvorsorge investieren. Das zeigt auch eine Umfrage des Aktienforums: Demnach begrüßen mehr als zwei Drittel der Österreicherinnen und Österreicher eine steuerliche Begünstigung auf Veranlagungen zur privaten Vorsorge. Altersvorsorge kann über Direktinvestments oder fonds- bzw. indexgebundene Versicherungslösungen erfolgen. Kommt es also zu einer Wertpapier-KESt-Befreiung, muss auch die vierprozentige Versicherungssteuer in der Personenversicherung aliquot nach unten angepasst werden. Darüber hinaus sollten wir tunlichst die Schutzfunktion der Lebensversicherung wertschätzen, denn diese gewährleistet eine Berufsunfähigkeitsrente sowie eine lebenslange Pflege- oder Altersrente – ein Alleinstellungsmerkmal der Lebensversicherung. Denn bei jedem anderen Investment kommt irgendwann der Tag des letzten Euros. Denken wir weiter in Richtung sozialer Gerechtigkeit, dann wäre es sinnvoll, nachhaltige Investments in diese Überlegungen miteinzubeziehen.
Wodurch unterscheidet sich nachhaltige Geldanlage von herkömmlichen Investments?
Nachhaltig Investieren ist weit mehr als nur Umweltschutz. Neben ökologischen, geht es vor allem um soziale und gesellschaftliche Fragen. Gute Unternehmensführung, faire Vergütung, Engagement für die Gesellschaft und Menschenrechte sind ebenso Voraussetzungen für die Anlageentscheidung, wie der bewusste Umgang mit Ressourcen. All diese Aspekte ergänzen die Kriterien Rentabilität, Liquidität und Sicherheit. Wichtige Sektoren sind dabei erneuerbare Energie, Klima- und Umweltschutz sowie Wasserwirtschaft. Fazit: Diversifikation im Sinne eines nachhaltigen Portfoliogedankens. Das bedeutet, in fondsgebundene Lebensversicherungen, Aktien bzw. Aktienfonds zu investieren, deren Fokus auf einem verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen sowie einer klaren Werteorientierung liegt.
HDI LEBEN empfiehlt allen, die nachhaltig vorsorgen wollen, ein Beratungsgespräch mit einem fachlich kompetenten Vorsorgespezialisten.
Orientierung finden Interessierte unter: www.hdi-leben.at/beratersuche