Pensionsreform der kleinen Schritte
Unter großem Protest wurde kürzlich die Möglichkeit eines vorzeitigen Pensionsantritts ohne Abschläge abgeschafft. War das tatsächlich nicht finanzierbar?
Ronald Felsner: Diese Abschaffung resultiert aus einem politischen Richtungsstreit. Natürlich geht es dabei auch um die Kostenfrage. Allerdings waren sich fast alle parlamentarischen Fraktionen vor den letzten beiden Nationalratswahlen einig, bestehende Pensionen deutlich über dem gesetzlich vorgesehenen Ausmaß zu erhöhen. Das verursacht empfindlich höhere Kosten als für die abschlagsfreie Pension aufgewendet hätte werden müssen.
Ronald Felsner ist gewerblicher Vermögensberater, Vertriebstrainer und Vorsitzender der Prüfungskommission für niederösterreichische Versicherungsagenten. 2019 wurde seine Bildungseinrichtung als unabhängiges Bildungsinstitut für Versicherungsagenten und Versicherungsmakler mit dem Gütesiegel ausgezeichnet.
Welche Personen trifft diese Änderung besonders hart?
In der öffentlichen Wahrnehmung fühlen sich größtenteils die falschen Personen um ihre potenziellen Ansprüche bzw. Rechte gebracht. Hier werden Maurer oder Dachdecker als große Verlierer der Reform propagiert. Als Anspruchsvoraussetzung gelten allerdings 45 Jahre tatsächlicher Erwerbstätigkeit. Das ist für Bauarbeiter mit tendenziell temporärer Arbeitslosigkeit in den Wintermonaten kaum zu erreichen. Ein Büroangestellter dagegen, der nach Abschluss der Handelsschule durchgängige Beschäftigungsverhältnisse bis zur Pension aufweist, erfüllt die Voraussetzung. Diese Personengruppe verliert durch den wieder eingeführten Abschlag bei einem Rentenantritt ab dem 62. Lebensjahr teils mehr als 500 Euro an monatlicher Bruttopension.
Wie beurteilen Sie den „Frühstarterbonus“ als Nachfolgeleistung? Hier wurde ja speziell Frauen versprochen, dass sie gegenüber der alten Regelung nicht mehr benachteiligt sind?
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass es für Frauen keine nachteiligen Regelungen bei der abschlagsfreien Pension gab. Es gab nur teils keinen positiven Effekt, weil die gesetzlichen Regelungen beispielsweise für weibliche Personen bis zum Geburtsdatum 2. Dezember 1963 bei einem Rentenantritt zum 60. Lebensjahr ohnehin keine Abschläge vorsahen. Korrekt ist, dass vom neuen Frühstarterbonus nun auch Frauen profitieren, die weiterhin ohne Abschläge ab dem 60. Lebensjahr in Pension gehen können. Jeder Monat Erwerbstätigkeit vor dem 20. Lebensjahr erhöht die Rente um einen Euro brutto pro Monat. Maximal angerechnet werden können 60 Arbeitsmonate, somit beträgt die maximale Rentenerhöhung 60 Euro brutto pro Monat. Diese steht sowohl für vorzeitige, als auch für die normale Alterspension zu.
Somit sind Frauen die Gewinner der Reform?
Die neue Regelung geht zumindest viel stärker in die Breite. Es gibt zweifelsfrei viel mehr Menschen, die vor dem 20. Lebensjahr schon erwerbstätig waren als solche, die 45 Beschäftigungsjahre zusammenbringen. Dafür ist der Effekt auf die Pensionshöhe deutlich geringer bzw. mit 60 Euro brutto pro Monat limitiert. Vorrangig werden naturgemäß Lehrlinge profitieren, welche auf viele Erwerbsmonate vor dem 20. Lebensjahr kommen. Laut Statistik Austria waren im Jahr 2019 allerdings 62,61 Prozent der Lehrlinge männlich. Paradoxerweise kommen nun hier bei der vermeintlichen „Frauenregelung“ Maurer und Dachdecker zum Zug, welche bei der abschlagsfreien Pension leer ausgegangen wären.
In Österreich sind derzeit rund 400.000 Menschen in Kurzarbeit und weitere 500.0000 arbeitslos. Hat dies auch Auswirkungen auf den späteren Pensionsanspruch?
Während der Kurzarbeit werden wie bei der Altersteilzeit die Pensionsansprüche von der vollen, ursprünglichen Einkommenshöhe weitergeführt. Für die Berechnung der gesetzlichen Rentenhöhe gibt es somit keinerlei Nachteile. Beim Bezug von Arbeitslosengeld ist der Sachverhalt deutlich komplexer. Sehr vereinfacht ausgedrückt sammelt man in dieser erwerbslosen Zeit um rund ein Drittel geringere Pensionsansprüche. Dauert diese Phase etwa ein halbes Jahr an, hat das einen völlig unerheblichen Einfluss auf die Höhe der Pension. Das Problem ist vielmehr – ähnlich wie bei einer lange andauernden Krankheit – die Geldleistung aus dem Sozialversicherungssystem. Also konkret, dass die laufenden Fixkosten aus dem Arbeitslosen- oder Krankengeld nicht mehr gedeckt werden können. Dieses Problem war auch schon vor der Coronakrise bei den vielen neuen Langzeitarbeitslosen im hohen Alter präsent. Die aktuelle Situation zeigt einmal mehr, wie wichtig die Bildung finanzieller Reserven ist. Durch die Erschwerungen bei vorzeitigen oder krankheitsbedingten Pensionen gilt es aber auch für diese Phasen rechtzeitig vorzusorgen.
HDI LEBEN empfiehlt allen, die für ihr Alter vorsorgen wollen, ein umfassendes Beratungsgespräch mit einem vertrauensvollen, zuverlässigen und fachlich kompetenten Vorsorgespezialisten.
Orientierung finden Interessierte unter www.hdi-leben.at/beratersuche