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LEBENSWERTE Genussmomente: Achtsamkeit ist langfristiger Erfolgsfaktor

Michael Miskarik: Herr Stocker, in Ihrem Restaurant wird seit vielen Jahren nachhaltig gekocht und gearbeitet. Was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie?

Georg Stocker: Wir verstehen darunter eine größtmögliche Achtsamkeit im Umgang mit natürlichen Ressourcen, lückenlose Transparenz und Ehrlichkeit auf allen Ebenen, denn nur gelebte Nachhaltigkeit schafft Vertrauen bei unseren Gästen.

Wie wird diese Achtsamkeit in Ihrem Restaurant-Alltag gelebt?

Wir sorgen dafür, dass das Gesamtpaket für den Gast stimmt. So beziehen wir unsere Lebensmittel bereits seit vielen Jahren von regionalen Produzenten, kaufen saisonal ein und verzichten auf lange Transportwege. Außerdem informieren wir unsere Gäste in unserer Speisekarte über die Herkunft der verwendeten Lebensmittel. Unser Wild kommt beispielsweise aus Heiligenkreuz, die Hühner aus St. Aegyd. Uns ist auch wichtig, dass wir Tiere im Ganzen kaufen und möglichst alle Teile verarbeiten – auch die Innereien. Beuschel gibt es daher nur dann, wenn ein Tier im Ganzen gekauft wurde. Was das betrifft, sind auch unsere Gäste kritischer und anspruchsvoller geworden.

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Woran kann ein Gast erkennen, dass er ein regionales Bioprodukt auf dem Teller hat?

In erster Linie an der Frische und am authentischen Geschmack. Wir haben Fische aus überzüchteter Meeres-Aquakultur, wo nachweislich Medikamente zum Einsatz kommen, aus unserer Küche verbannt. Auch Rindfleisch aus Argentinien sucht man in unserer Karte vergeblich. Stattdessen gibt es Garnelen aus Tirol, Fisch aus der Raxgegend und Fleisch aus Niederösterreich – damit reduzieren wir unseren CO2-Fußabdruck nachhaltig. Außerdem begrüßen wir den Trend zu vegetarischen Gerichten. Allgemein ist zu sagen, dass die Verarbeitung von Biotieren, die am Bauernhof gewachsen sind, deutlich steiniger ist, da die Größe und Fleischstruktur der Biotiere unterschiedlich ist und daher eine viel individuellere Behandlung notwendig ist als bei Fleisch aus Massentierhaltungsfabriken.

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Früher war ein gutes Schnitzel die beste Visitenkarte für ein Wirtshaus. Gilt das heute auch noch?

Ein gutes Schnitzel ist wichtig, reicht aber schon lange nicht mehr aus. Das Ambiente ist heute genauso ein Erfolgsfaktor wie ein exzellenter Service am Tisch bei den Gästen. Wir haben in den vergangenen Jahren sehr viel in unser Haus investiert und dabei auf biologische Materialien und heimisches Holz Wert gelegt. Darüber hinaus erwartet unsere Gäste eine der umfangreichsten Weinkarten Österreichs sowie eine Rundum-Wohlfühlatmosphäre, wie sie nur ein Familienbetrieb bieten kann.

In vielen Branchen ist der Fachkräftemangel heute ein großes Thema. Wie geht es Ihnen damit?

Die Gastronomie ist eine besondere Branche mit vielen Herausforderungen. Aber wir sind in der glücklichen Lage, dass wir eine treue Stammbelegschaft haben, die uns mit ihrer Erfahrung und ihrer Serviceorientierung eine wertvolle Unterstützung ist. Wir sind auch sehr stolz darauf, dass es bei uns kaum Fluktuation gibt. Rund ein Drittel unserer Mitarbeitenden arbeitet bereits seit mehr als zehn Jahren beim Stockerwirt.

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Sie waren erst 21 Jahre alt, als Sie den Betrieb übernommen haben. Haben Sie diese Entscheidung jemals bereut?

Mein Großvater hat das Wirtshaus vor 65 Jahren gekauft, seither wird es von unserer Familie geführt. Meine Frau und ich sind nach der Matura für ein paar Monate in die USA gegangen, aber es hat sich nie die Frage gestellt, beruflich etwas anderes zu machen. Wir sind Wirtsleute aus Leidenschaft. Und obwohl wir uns rund um die Uhr sehen, freuen wir uns noch immer darüber, dass wir so viel Zeit zusammen verbringen dürfen. Außerdem bieten wir unseren Gästen genau das, was wir selbst gerne in unserer Freizeit und im Urlaub machen. Rückblickend würde ich also alles wieder genauso machen.

Tipp: Wer ein paar genussvolle Stunden im Grünen verbringen möchte, ist beim Stockerwirt im Wienerwald hervorragend aufgehoben. 

Adresse: Stockerwirt Rohrberg 36, 2392 Sulz im Wienerwald