Yoga in der Kirche: Herr Pfarrer und die Yoga-Dämonen
Von Julia Schrenk
Sind am Donnerstag Dämonen in die Wotrubakirche eingezogen?
Haben dort "christentumsfeindliche Triebkräfte" gewirkt? Oder hat die "gottlose Prägung beim Ertüchtigen wachsenden Einfluss?"
Ja.
Zumindest, wenn man den Ausführungen Paul Josef Kardinal Cordes' Glauben schenkt. Der katholische Hardliner aus Deutschland war 15 Jahre lang Präsident des Päpstlichen Rates "Cor unum" und schrieb ein viel beachtetes Yoga-kritisches Buch.
Über Yoga und Zen-Buddhismus schreibt Cordes (der homosexuelle Beziehungen für "sündhafte Verbindungen" hält, die dem "Willen Gottes" widersprächen): "Wohl geben sie sich in der Werbung generell religionsneutral, doch entstammen sie Wurzeln und Triebkräften, die christentumsfeindlich sind. Und in den angebotenen Kursen hat ihre gottlose Prägung beim Ertüchtigen einen wachsenden Einfluss."
Auch der Pfarrer der Pfarre St. Erhard-Mauer in Liesing, Harald Mally, hat das Buch. Er hat es geschickt bekommen - von einem anonymen Absender. Denn am Donnerstag hielt Mally gemeinsam mit Yogalehrerin Sabine Harbich (Missyoga) in der Wotrubakirche eine Yoga-Kurs ab, mit anschließender Meditation.
Im linken Seitenschiff der Kirche schieben Junge und Ältere, Anfänger und Erprobte die Kirchenstühle weg und breiten ihre Yogamatten auf dem Boden aus - auch Pfarrer Mally. "Das ist aber kein Turng'wand, Herr Pfarrer", tadelt ihn die 79-jährige Heidi. Sie ist fleißige Kirchgängerin und weiß, wie sie den Pfarrer nehmen muss. Der hat das ohnehin nicht gehört.
Pfarrer Mally praktiziert in dunkelblauer Anzughose und hellblauem Hemd, den obersten Knopf samt Kollar geöffnet. Das Sakko legt er ab.
Burn-Out-Prävention
"Brennen statt Ausbrennen" heißt die Veranstaltung, die der Pfarrer gemeinsam mit der Yogalehrerin abhält. "Ich will Leute abholen, die durch eine berufliche Lebenssituation vielleicht Burn-out-gefährdet sind", sagt Pfarrer Mally. Schon vor längerer Zeit wollte er in der Kirche einen entsprechenden Kurs abhalten, da kam die Anfrage von Sabine Harbich genau zum richtigen Zeitpunkt. "Wir haben einander sozusagen gefunden", sagt der Pfarrer.
An allen Donnerstagabenden im Mai findet nun in der Kirche auf dem Georgenberg eine einstündige Yoga-Einheit von Sabine Harbich statt. Danach lädt Pfarrer Mally zur Meditation mit Gebet. "Was das genau wird, weiß nich noch nicht", sagt er an diesem Abend zu den 22 Teilnehmern, die in die Wotrubakirche gekommen sind. Aber: "Wir werden es gemeinsam spüren". Dann übergibt Pfarrer Mally an die Yogalehrerin.
"Vielleicht wollt ihr der Stunde eine bestimmte Intention geben oder sie unter einen Glaubenssatz stellen", beginnt Harbich. Dass man sich im Yoga duzt, ist auch in der Wotrubakirche kein Problem. Dort duzen sich ohnehin alle.
"Satanisch"
Dass in der Wotrubakirche Yoga praktiziert wird, ist gar nicht selbstverständlich. Denn das Verhältnis zwischen fernöstlichen Lehren und der katholischen Kirche ist auch in Österreich kein ungetrübtes. Vor allem nicht aus der Sicht von katholischen Hardlinern. Im März 2017 ließ etwa der konservative Pfarrer von Windischgarsten (Oberösterreich), Gerhard Maria Wagner, (wieder einmal) von sich hören, als er Yoga als "satanisch" bezeichnete.
Grund für Wagners Ärger damals war ein Yoga-Kurs im katholischen Bildungshaus. Denn aus Sicht des Pfarrers bediene sich der Teufel vieler Methoden, um die Menschen auf seine Seite zu bekommen. Den Leiter des katholischen Bildungshauses ließ das unbeeindruckt - er dachte gar nicht daran, den Yoga-Kurs abzusagen.
Der Streit veranlasste allerdings die Diözese Linz damals dazu, einen Text des Vorstand des Instituts für Religionswissenschaften an der Universität Wien, Karl Baier, auf ihrer Website zur veröffentlichen. Titel: "Yoga. Geschichte und Verhältnis zum Christentum".
Baier schreibt darin, dass die "pauschale Ablehung der Möglichkeit einer christlich verantwortbaren Yoga-Praxis" heute "veraltet" sei.
"Gerade das körperzentrierte Yoga, wie er üblicherweise in den Yoga-Verbänden angeboten wird und sich grundlegend von manchen neo-hinduistischen Formen (...) unterscheidet, stellt praktizierende Christen vor keine religiösen Probleme."
Sein Text wurde auch in einer Broschüre für die sogenannten Weltanschauungsreferenten der Diözesen publiziert. Herausgegeben wird diese von der "Arbeitsgemeinschaft der Referate für Weltanschauungsfragen in Österreich", die der Bischofskonferenz zugeordnet ist. "Denn noch heute ist man in manchen katholischen Kreisen - vor allem in Wien - der Meinung, dass Yoga und andere fernöstliche Praktiken dämonischen Einflüssen öffnend seien", sagt Baier.
Pfarrer Mally sieht das entspannt. "Ich singe ja keine Mantras in meiner katholischen Kirche". Das würde ja theoretisch gegen das Erste Gebot verstoßen ("Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm dienen. Du sollst keine anderen Götter haben vor meinem Angesicht", Anm.)
Laut Pfarrer Mally funktioniert Meditation besser, wenn man davor körperliche Übungen absolviert hat. Das können auch Yoga-Übungen sein. Und die können auch in den heiligen vier Wänden einer Kirche praktiziert werden.
"Yoga und diese Kirche, das ist für mich die ideale Kombination", sagt Kurs-Teilnehmerin Christina. Alice hat es grundsätzlich gut gefallen: "Aber es war so eng, ich hab' gern mehr Platz."
Beim nächsten Mal muss man wohl vom Seitenschiff direkt unter das Kreuz ins Mittelschiff ausweichen, dort gebe es noch genug Platz.
"Der Ort und die Art, es ist einfach schön gewesen", sagt Pfarrer Mally. Dann zieht er sich das Sakko wieder an und beginnt die Meditation mit einem Gebet.
Info:
Wo: Wotrubakirche. 23., Ottilingerplatz 1
Wann: Vorerst jeden Donnerstag im Mai. Yoga von 18.30 bis 19.20 Uhr, Meditation 19.30 bis 20.30 Uhr
Beide Kurse laufen Spendenbasis. Die Veranstaltungsreihe wird eventuell bis Juni verlängert.