Wohnung als Weihnachtsgeschenk
Von Josef Gebhard
Strom und Gas funktionieren bereits, auch einen Adventkranz gibt es schon, fehlen nur noch die Möbel: Für den 29-jährigen Iraker Amanj und seine Freundin Frezer hat sich gerade noch rechtzeitig vor Weihnachten ihr größter Wunsch erfüllt. Nach monatelanger Suche können die beiden endlich eine gemeinsame Bleibe beziehen. Die kommenden Wochen werden sie damit verbringen, ihre 60 Quadratmeter große Altbau-Wohnung in Wien-Alsergrund einzurichten.
Bisher lebten Amanj und Frezer mit knapp 200 weiteren Flüchtlingen im Haus Daria der Caritas in Favoriten. 2010 musste Amanj seine Heimat Irak verlassen, ungefähr zu gleichen Zeit floh die heute 22-jährige Frezer aus politischen Gründen von Äthiopien nach Österreich. Im Haus Daria haben die beiden einander kennengelernt und sind seitdem unzertrennlich. Dieses Jahr beschlossen sie, in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen.
Vergebliche Suche
Die Suche erwies sich allerdings als schier aussichtsloses Unterfangen. So geht es vielen Flüchtlingen trotz aufrechtem Asylstatus. Nach vier Monaten fallen sie aus der Grundversorgung und schaffen es dann nicht, das Geld für Kautionen oder Maklergebühren aufzubringen. "Auch wir erhielten eine Absage nach der anderen", erinnert sich Amanj.
Vor wenigen Tagen berichtete der KURIER über die vergebliche Wohnungssuche von Amanj und Frezer. Daraufhin meldeten sich zahlreiche Leser, die dem jungen Paar helfen wollten.
Darunter auch Roland Singer, Geschäftsführer der Reinigungsfirma Assa im 9. Bezirk. Einem Schwester-Unternehmen gehört ein Zinshaus unweit der Firmenzentrale. Vor einiger Zeit hatten die Mitarbeiter die Idee, eine der Wohnungen für karitative Zwecke zur Verfügung zu stellen. "Es gibt so viel Armut und Not in dieser Stadt. Wir haben daher beschlossen: Wenn uns ein gutes Jahr gelingt, geben wir einen Teil unseres Erfolges ab", sagt Singer. "Und heuer hatten wir ein gutes Jahr."
Schlüsselübergabe
Vergangene Woche haben Amanj und Frezer den Vertrag unterzeichnet und den Schlüssel bekommen. Sie dürfen jetzt bis zu zwei Jahre lang kostenlos in der Zwei-Zimmer-Wohnung bleiben – Miete und Betriebskosten übernimmt der Vermieter. "Das Angebot ist als Starthilfe gedacht, bis die beiden selbst so viel verdienen, dass sie sich eine Wohnung leisten können", sagt Singer. Derzeit macht Amanj noch seine Elektriker-Ausbildung, seine Freundin eine Verkäuferinnen-Lehre und nebenbei einen Nähkurs.
"Wir sind sehr dankbar, dass wir in diese Wohnung ziehen dürfen", freut sich Amanj. "Es gibt nicht viele Menschen, die so etwas möglich machen."
Auch bei der Caritas Wien freut man sich über das erfolgreiche Ende der Herbergssuche. "Wir wünschen uns aber, dass es für die vielen anderen Schutzsuchenden auch solche Lösungen gibt", betont Generalsekretär Klaus Schwertner. "Aktuell bringen drei von vier österreichischen Gemeinden keinen einzigen Flüchtling unter."
Schwertner appelliert daran, nicht nur in der Weihnachtszeit Verantwortung zu übernehmen sondern auch danach Mitmenschlichkeit und Solidarität zu zeigen.