Wiener Marktstandler warten auf Strafen
Von Bernhard Ichner
Christian Kondsiolka wollte sich an die seit 1. Oktober geltende neue Marktordnung halten. Darum hielt sich der Betreiber des „Stehachterl“ am Floridsdorfer Schlingermarkt ans Rauchverbot. Bis gestern, Freitag. Denn weil er seit Montag 50 Prozent seines Umsatzes eingebüßt habe, entschied er sich, seinen Gästen das Rauchen wieder zu erlauben. „Sonst kann ich in zwei Monaten zusperren.“
Wie viele in der Branche hält der Unternehmer das von der Stadt im Zuge der neuen Marktordnung verhängte Rauchverbot für rechtswidrig. Sei dieses doch Bundesgesetz und nicht Sache der Stadt, wird argumentiert.
Zudem bedeute es eine Schlechterstellung der Markt-Gastronomie gegenüber Cafés, in denen weiterhin geraucht werden darf. „Unsere Gäste wandern dorthin ab“, klagt Kondsiolka, der Freitagmittag in seinem halb leeren Lokal steht. Stammgäste machen 99 Prozent der Kundschaft aus und etwa 70 Prozent davon seien Raucher, sagt er.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Standlern auf dem Floridsdorfer Markt hält sich der Wirt aber weiter an die vorgeschriebenen Öffnungszeiten. Etliche seiner Nachbarn weigern sich, insbesondere an den frequenzarmen Nachmittagen ihre Stände offen zu halten. Wegen Inventur, Grippe oder Personalmangels geschlossen, steht auf Aushängen in den Schaufenstern.
Wie Kondsiolka nehmen auch die anderen Unternehmer Strafen des Marktamtes bewusst in Kauf, um sie mit Hilfe des Vereins „Zukunft Wiener Märkte“ bzw. der Wirtschaftskammer juristisch anfechten zu können. Wenn nötig will man bis vors Höchstgericht gehen.
„Wertlose Verordnung“
Ortswechsel. Auch auf dem Viktor-Adler-Markt in Favoriten ärgert man sich über die neue Marktordnung. Im Gegensatz zu Kondsiolka steht Gastronom Bernhard Prokes am Freitagvormittag aber in einem gut gefüllten Beisl. Der Grund: Der Wirt hielt sich vom ersten Tag an nicht an die Marktordnung und gestattet seiner Stammkundschaft, die zu geschätzten 80 Prozent aus Rauchern bestehe, den Zug an der Zigarette.
„Ich lasse weiter rauchen, es geht um meine Existenz“, stellt er klar. Und an Dienstagen – „am schlechtesten Tag in der Woche“ – bleibe das Lokal trotz vorgeschriebener Öffnungszeiten zu. Die Verordnung der Stadt ist für ihn „wertlos“, sagt Prokes – der nun ebenfalls auf eine Strafe des Marktamts wartet und punkto Rechtsstreit in den Startlöchern scharrt.
Bis zur ersten Geldstrafe nach der Gewerbeordnung (zwischen 50 und 1090 Euro) könnte es allerdings noch etwas dauern. Denn beim Marktamt setzt man bis auf Weiteres auf Überzeugungsarbeit, erklärt Sprecher Alexander Hengl. Zumal sich nur 50 von insgesamt 750 Standlern nicht an die Verordnung halten würden. Die Hälfte davon am Schlingermarkt. Und selbst da erziele man Erfolge, so Hengl. Von 25 anfangs widerspenstigen Unternehmern hätten bereits drei angekündigt, sich ab kommender Woche an die Kernöffnungszeiten zu halten.