Wien ist ein Dorf: Buch gibt Einblick in die Grätzel der Stadt
Jeder Wiener kennt sie: Die dörflichen Relikte inmitten der Großstadt. Was für den einen Lainz, Mauer, Hetzendorf oder Altmannsdorf ist, ist für den anderen Nußdorf, Heiligenstadt, Leopoldau oder Breitenlee.
Je nachdem, wo in Wien man eben zuhause ist. Erst in den vergangenen 120 Jahren verschmolzen diese Orte zur Millionen-Metropole. In dem neuen Buch "Die Dörfer von Wien. Geschichten einst und jetzt" geben Beppo Beyerl und Thomas Hofmann Einblick in Wiens Stadtentwicklung.
Sie erkunden 32 der über 60 eingemeindeten Dörfer. "Die dörflichen Strukturen sind selbst im heute dicht verbauten Gebiet noch vielerorts anzutreffen", schreiben sie.
Spurensuche in der Großstadt
"Das Grätzel als kleinste topgrafische Untereinheit erlebt eine nie dagewesene Renaissance. So sehr wir auch global denken und agieren, das tägliche Leben findet seine Ausprägung im Lokalen."
Beyerl und Hoffmann frequentieren eben die geflügelten Worte von "Wien ist ein Dorf" und haben sich auf eine Spurensuche begeben.
Sie erzählen in ihrem 240 Seiten starken Band über die Kuneröl-Werke, die einst Atzgersdorf prägten, ebenso über die Konservenproduktionsstätten in Inzersdorf oder die verschiedenen Fußball-Heimstätten des SK Rapid im "grün-weißen Hütteldorf".
Verschwundene Juwelen
Sie thematisieren aber auch längst verschwundene Kleinode, wie die anlässlich der Weltausstellung 1873 errichtete und nach dem Ersten Weltkrieg eingestellte und demolierte Zahnradbahn von Nußdorf auf den Kahlenberg.
Vielleicht kommen manche Orte noch zu kurz. Über Meidling, Rudolfsheim, Reindorf oder Penzing sowie im Trandanubischen über Kaisermühlen, Kagran oder Süßenbrunn ließe sich gewiss auch noch viel erzählen.
Interessante Fakten
Aber vielleicht gibt es da ja einmal einen zweiten Band. Das erste Werk ist indes durchaus gelungen. En passant erfährt der an Wiens Dörfer interessierte Leser doch so manch Neues und Wissenswertes.
Etwa dass vor rund 100 Jahren in Breitenlee ein fast megalomanischer Verschiebebahnhof geplant war, der jedoch nie wirklich realisiert wurde. Das auf der Simmeringer Haider einst kaiserlich-königliche Militärmanöver stattfanden und die "Had'" später Standort eines damals als zukunftsträchtig erachteten Flugfelds war.
Oder dass der Name der Liesing, die im Süden von Wien nach Schwechat fließt, natürlich einen typisch wienerischen Migrationshintergrund hat. Er stammt von dem slawischen Wort Lesnica und bedeutet schlicht Waldbach...